Geschichten, die wir uns erzählen

Pan Narrans und das Dilemma von divide et impera

Ich bin ein Lügner. Punkt.

Ich erzähle mir eine Geschichte von mir die nicht stimmt. Das weiss ich spätestens seit den zehnjährigen Klassentreffen, bei denen alte Geschichten aufgewärmt wurden und sich die Geschichten immer weniger ähnelten.

Ausserdem ändert sich die Geschichte, meine Geschichte, dauernd. So ein „passend“ Zwang. Manchmal hilfreich für andere, manchmal das Gegenteil.

Und selten merke ich es.

Wie man herausgefunden hat, wird unsere Erinnerung bei jedem Abruf verändert. Wir vergessen Dinge, für fügen Dinge hinzu die passend erscheinen und speichern das dann als die Erinnerung ab die längst nicht mehr unsere erste Erinnerung ist.

Soweit, so normal. Terry Pratchett hat das aus meiner Sicht sehr gut mit Pan Narrans definiert. Der geschichtenerzählende Affe. Wir lieben Geschichten, wir erzählen gern Geschichten und unseres verdrängtes Primatenerbe macht uns das Leben in der Realität schwer.

Meine Geschichten ähneln eher der Hoffnung und Erwartung wie ich gern sein würde, weniger dem, was ich tatsächlich bin. Auch wenn es mit der Zeit besser geworden ist. Oder ich es mir schöner geredet habe.

Um es als idyllisches Bild auszumalen, Lebewesen sitzen am Lagerfeuer und erzählen sich ihre Geschichten. Die nicht wahr sind. Die nicht wahr sein müssen.

Und die doch einen Teil der Seele, des Wesens des Erzählers offenbaren. Blank und angreifbar.

Natürlich ist dies alles andere als harmonisch. Vielleicht hilft es, sich an Spiele wie Mensch-ärgere-dich-nicht mit der ganzen Familie zu erinnern. Meist straft man die Geschichten, die man über sich erzählt, bei einem Spiel Lügen. Dann kommt der Primat zum Vorschein. Die Fassade der Zivilisation ist immer noch hauchdünn.

Aber selten, auch wenn jahrelange Zwiste und Verstimmungen die Folge sein mögen, greifen wir zur Waffe und zur endgültigen Tat. Nicht solange wir andere Optionen noch erkennen mögen.

Divide et impera ist nicht von den Römern erfunden worden, sie fanden nur die geeigneten prägnanten Worte für dieses Prinzip.

Es ist ein Effekt der beim Geschichtenerzählen passieren kann und häufig passiert, der Umstand, dass andere Personen in einem schlechteren Licht erscheinen als man selbst. Da das eigene Ego immer bestrebt ist, einen in die Mitte der imaginierten Kathedrale zu hieven. Ob als Märtyrer oder Held ist nur eine Frage des Stils. Würde ich sagen. Vielleicht mag es andere geben die ähnliches oder das Gegenteil behaupten. Ich erzähle nur Geschichten.

Für mich sind Geschichten ein Weg, sich näher zu kommen, sich dem gegenseitigen Verständnis anzunähern.

Natürlich wurde auch sehr schnell und früh erkannt, dass Geschichten eine Möglichkeit darstellen, die einen von den anderen zu trennen und zu unterscheiden. Die alte blöde Gut-Böse Nummer. Religionen sind nur der Auswuchs von Machtfehden innerhalb von Stämmen. Verstossene, die es nicht ertragen konnten, dies als Chance zu sehen, sondern sich der Rache verschrieben haben. Oder wie sollte ich Moses anders interpretieren?

Und heute? Befinden wir uns in einem perfektem Sturm?

Alle Geschichten wirbeln durcheinander. Keiner traut mehr keinem (wie auch ich mir selbst nicht mehr traue), weil wir glauben gelernt haben, dass Geschichten wahr sein müssen. Nach einer realen Begebenheit, wie Hollywood sagen würde. Weil wir mehr erwarten als nur Geschichten. Die ultimative Wahrheit am Besten. Und wir wissen mehr darüber als jeder andere. Wirklich?

Weil wir Menschen nur noch anhand von Geschichten beurteilen.

Einer mag die schönsten Geschichten erzählen, aber der, der mir im richtigen Moment die helfende Hand reicht, ist mehr wert als alle Geschichten. Auch wenn unsere Geschichten uns gegenseitig nicht gefallen sollten.

Es ist kein Widerspruch, demjenigen die helfende Hand zu reichen, der sie braucht und Geschichten zu erzählen, die damit nicht konform gehen. Was wir tun, im Hier und Jetzt, ist entscheidend. Was wir darüber denken, ist eine, vielleicht, interessante Geschichte.

In diesem Sinne: Machen ist krasser als Labern.

Tun wir endlich was!

Versuchen wir Mensch zu werden und die helfende Hand zu reichen. Geschichten sind gut für danach, am Lagerfeuer. Und garantiert kein Grund sich deswegen zu streiten.

Und ja, ich meine Wir vereinnahmend, auffordernd, an alle Menschen. Denn wir sind wir alle, selbst der Mörder, der Verachtete, der Verurteilte, der Feind.

Den Teufel im Nacken

Immer wieder finde ich mich in Situationen, in denen ich mich fragen muss, welcher Teufel mich da geritten hat, dass ich mich so verhalten habe.

Da wäre zum einen meine Geduld, etwas das sich bei mir im Allgemeinen durch Nichtanwesenheit auszeichnet. Meine Geduld mit mir selbst und meinen Erwartungen. Nicht meine Geduld mit anderen. Auf einer Skala von 1 bis 10 liegt sie, freundlich formuliert, irgendwo bei -3. Und ich weiss nicht warum das so ist.

Dann Erwartungen, Hoffnung, die mein Hirn sich so einfach macht ohne mich zu fragen. Zumal ich mit Ablehnungen immer so meine Schwierigkeiten habe und eher selbst zu früh ablehne, bevor ich abgelehnt werde. Einfach um mir den Schmerz, wenn schon nicht zu ersparen, dann wenigstens zu mildern.

Ablehnungen, scheint es, sind ein Momentum in dem Emotionsmix, den mein Gehirn und Körper produziert. Aber woran soll ich das jetzt festmachen?

Ach ja, verlieren im Spiel macht mir auch keine Freude. Ich habe mich zwar soweit diszipliniert, dass ich viermal in Reihe verlieren kann. Aber dann muss ich mich dem Spiel entziehen, sonst legt sich der Schatten meiner Unfreude auf meine Mitspieler.

Wenn ich grabe, kann ich sicherlich Eckpunkte ausmachen. Warum ich sie trotzdem nie losgeworden bin, kann ich nicht erklären und manchmal treibt es mich zur Verzweiflung.

Fangen wir mit der Kindheit an, Flüchtlingskind in Bayern unter Flüchtlingen, die aus dem Sudetendeutschen stammten. Wie man in Bayern üblicherweise zu Nichteinheimischen steht, ist schnell mit dem Begriff Saupreiss umrissen.

Allerdings war es uns Flüchtlingskindern eher egal, woher man kam, war doch klar, von dem Ort an dem man wohnt. Insofern waren erst im Kindergarten und der Schule solche Themen Konfliktpotenzial. Bei den Kindergruppen aus den jeweiligen Strassen war eher das Thema, welcher Gruppe man angehörte. Und es gab zumindest eine „natürliche“ Gruppe, der man angehörte. Man wohnt in der gleichen Strasse, Haus an Haus.

Meinen Eltern konnte ich es lange Zeit nicht recht machen, besonders als ich dann in der Jugend noch anfing in Richtung Hippie zu driften. Lange Haare, Flickenjeans und so weiter. So macht man das nicht. So funktioniert das nicht. Und so weiter und so fort. Natürlich waren sie besorgt, da mein Lifestyle meine Chancen schmälerte, es jemals „zu etwas zu bringen“, so wie sie die Welt wahrnahmen.

Allerdings half es auch nichts, dass mein Vater bestimmte, ich solle arbeiten gehen, statt studieren, wie viele meiner damaligen Lehrer vorschlugen. Also habe ich mich als Autodidakt durchgeschlagen, nach Erfahrungen mit Weberei und Druckerei. Bis ich so mit 50 meinen Master gemacht habe.

Ich glaube ich war so paarundvierzig als meine Eltern das erste Mal meinten, sie wären stolz auf mich und das was ich geleistet habe. Vielleicht hätte ich das etwas früher gebraucht. Wer weiss das schon?

Sich zuhause fühlen, war auch etwas, was ich immer vermisst habe. Ich habe mich in Gemeinschaften zuhause gefühlt, nicht an Orten. Mag die Unsicherheit und Ungeduld in mir verstärkt haben.

Zum Glück gab es in einem Ortsteil meiner Heimatstadt eine spezielle Schule, von denen es nur zwei in Deutschland gab. Was zu einem beständigen Strom von jungen interessanten Menschen geführt hat, die sich in meiner Heimatstadt auch nicht zuhause gefühlt haben.

Dann hatte ich arbeitsbedingt immer wieder Arbeitsplätze die letztendlich meine Lebensmittelpunkte neu bestimmten. Als Freizeitmusiker kommt man schnell mit neuen Lokalitäten klar, sobald man andere Musiker gefunden hat. Aber es ist Freundschaft und Stabilität abträglich. Nicht umsonst heisst es „aus den Augen, aus dem Sinn“.

Auch hier, an dem Ort, an dem ich beschlossen habe, mich dauerhaft für den Rest meines Lebens, niederzulassen, gibt es sehr viele Menschen, die mich schätzen, die sich freuen mich zu sehen, denen ich etwas bedeute.

Aber mein Innerstes traut dem weiterhin nur begrenzt. Viele Erfahrungen gesammelt zu haben kann ein Fluch sein, wenn man nicht in sich selbst ruht. Und das kann ich weiss Gott nicht von mir behaupten. Eher der Getriebene, der der Ruhe nicht traut.

Meine eigene Unsicherheit, gepaart mit einer Hypersensibilität für ablehnende Signale stürzt mich immer wieder in emotionale Verwirrung bis mich dann der Teufel reitet.

Als Autodidakt ist die übliche Erfahrung: Du wisst abgelehnt. Fertig. Bis du jemanden findest, der dir eine Chance gibt. Solange du dann in diesem Bereich arbeitest, wirst du einfach weiterempfohlen. Keine Prüfungen und Ablehnungen mehr, deine Arbeit spricht für dich. Bis man dann das Metier wechselt, was ich mehr als einmal getan habe. Dann heisst es wieder hunderte von Ablehnungen zu ertragen um einen zu finden, der dir eine Chance gibt.

Auf die Dauer wurde ich da empfindlich, habe mich schon früh, vielleicht oft zu früh, zurückgezogen, wenn es Signale gab, die ich schon kannte. Dabei habe ich natürlich immer vergessen, dass ein Signal (oder fehlendes Signal) nicht unbedingt das bedeutet, was ich hineininterpretiere. Ich bin extrem dünnhäutig geworden. Sozusagen.

Alles was ich weiss ist, dass ich das nicht mehr loswerde. Nein, Alter scheint bei mir nicht dazu zu führen, dass ich gelassener und geduldiger werde. Ist wohl das Gleiche wie mit meinem Jähzorn, ich konnte ihn zivilverträglich einhegen und nur für mich austoben, dort wo niemand betroffen ist, aber ich kann ihn nicht loswerden. Genausowenig wie meine Angst vor Ablehnung. Oder den Teufel, der mich immer wieder reitet.

Aber wie soll man jemanden finden, der Verständnis für einen hat, wenn einem selbst das Verständnis für sich fehlt? Komm her Teufelchen, spielen wir noch ne Runde?

Aber vielleicht muss ich ja noch weiter graben. Denn einige in meinem Umfeld hatten eine ähnliche Situation aber nicht meine Symptome. Doch hier habe ich nur Erzählungen von anderen, kaum eigene Erinnerungen.

Mir wurde erzählt, dass man mich als Baby schreien hat lassen. Gibt eine kräftige Lunge und Stimme, hiess es. Ja, meine Stimme ist kräftig. Mit meinen Brüdern wurde nicht so verfahren. Ich erinnere mich noch, ich glaube ich war vielleicht drei Jahre alt, wie ich in einem Kindergarten am Zaun stand und den ganzen Tag geheult habe. Vielleicht auch mehrere Tage. Bis mich die Eltern wieder aus dem Kindergarten genommen hatten, da ich nicht aufhörte zu flennen. Eine meiner frühesten Erinnerungen.

Komischerweise habe ich an die zweite Kindergartenzeit keine konkreten Erinnerungen, weiss aber, dass man mich diesmal aus dem Kindergarten genommen hat, weil ich so aggressiv war, Kinder verprügelt und Sachen demoliert habe. Möglich dass mein Jähzorn von daher kommt. Wenn die Wolke des Jähzorns den Geist vernebelt, kann man nicht mehr klar denken, erst recht nicht klar erinnern.

Selbst wenn ich annehme, dass meine Analyse in irgendeiner Form richtig wäre, ändert sich dadurch nichts. Es sind Ursachen in der Zeit, die nicht mehr zu ändern sind. Möglich, dass ich wie beim Jähzorn (man spürt das Gewitter vorher aufziehen, wenn man aufmerksam ist) mit meinem Minderwertigkeitskomplex und meiner Ungeduld Wege finde, diese zu entschärfen und zivilverträglich zu gestalten.

Auf mehr zu hoffen, in dem bisschen Lebenszeit, dass mir noch bleibt, wäre dann doch zu gewagt.

Bekenntnisse eines Feiglings

Tja, ich bin ein Feigling. Punkt. Basta. Keine weitere Diskussion euer Ehren.

Ich scheue es verletzt zu werden, auch wenn ich das oft auf verschiedene Arten wurde (wie die Mehrheit aller Menschen) und ich scheue mich andere zu verletzen (was man trotzdem aus Unwissenheit, Unverständnis oder Primatenhaftigkeit zwangsläufig tut).

Ich bin zu feige, eine Waffe in die Hand zu nehmen, wenn mir jemand befiehlt zu töten, aber nicht zu feige, um zu meinen Entscheidungen und Taten zu stehen und mich ggf. zu entschuldigen und auch nicht zu feige, Versprechungen nicht einzuhalten. Nennt sich Zivilcourage.

Aber das fällt einem nicht in den Schoss. Ich habe dies glücklicherweise früh durch meine Grossmutter väterlicherseits gelernt. Als ich zu Besuch bei ihr war, vielleicht war ich so gegen zehn oder zwölf Jahre alt, habe ich ihr heimlich Pralinen stibitzt, als ich gesehen hatte, wo sie versteckt waren.

Als meine Grossmutter den Diebstahl entdeckt hatte, stand sie vor mir, mit fragendem aber zu gleich traurigem Blick und fragte mich nur: Warum hast du denn nicht gefragt?

Ich bin vor Scham in den Boden versunken, theoretisch, physikalisch leider nicht möglich und habe mir ab dem Zeitpunkt geschworen, ich frage und sage vorher, bevor ich etwas tue. Und ich stehe dazu, was ich auch immer angestellt habe.

Natürlich habe ich meinen Schwur gebrochen, aber zu meiner Verteidigung, ach … drauf, ich versuche immer noch ihn soweit als möglich zu erfüllen.

Die einzige Gewalt die ich noch anwende, ist gegen mich selbst oder leblose Dinge gerichtet. Denn Aggression, als alter Pan Narrans, ist mir nicht fremd. Ich mag es nur nicht, wenn andere dadurch in Mitleidenschaft gezogen werden. Deswegen bin ich schon in den Keller gegangen, um meine Wut auszutoben, damit ich Mitbewohner nicht belästige.

Ich habe auf meine Art gekämpft. Nicht heroisch, naja auf der Bühne manchmal vielleicht doch, eher im Versuch zu versöhnen, zuzuhören, mitzufühlen. Ich habe demonstriert und gestreikt, aber ich war feige genug, den Braten früh zu riechen, wo die Bullen den Kessel vorbereiten. Und nicht stark genug, dass die Anderen meinem Rat gefolgt wären. Oder meinem Gefühl. Mehr war es nicht.

Der Geschlagene sieht die Schläger schon von weitem. Und davon habe ich in meiner Kindheit genug abbekommen. Was kein Vorwurf an meine Eltern ist, sie waren bei weitem nicht so streng wie ihre Eltern.

Zumindest konnte ich den Kreis durchbrechen und habe meine Kinder nie geschlagen. Vielleicht sogar ein Fehler, wer weiss das schon so genau? Nachher ist man immer schlauer. Aber man ist immer im Jetzt und nie im Nachher.

Ich war mal ne zeitlang in der Terrorismusdatei, weil ich eine Seite des käuflichen Titanic-Magazins im Auto aufgehängt habe (sollte Zuckerberg verklagen, ich hab eigentlich Facebook erfunden, nur ohne Computer aber mobil, grinsesmiley). Jeder Grenzübertritt war nicht nur für mich sondern auch für meine Familie inklusive Kinder eine mehr als demütigende Erfahrung. Und dies über mehr als zehn Jahre. Demokratisches, schriftlich verbrieftes Recht, gilt halt nur, wenn man es nicht in Anspruch nimmt, eine bittere Lektion. Dafür habe ich sogar noch schriftliche Beweise aus dem Polizeipräsidium der entsprechenden Stadt.

Ich habe auch noch jede Menge weitere Ausreden, was ich nicht alles gemacht habe und was für ein toller Hecht ich doch bin. Nein, bin ich nicht. Weder toll, noch Hecht. Eher Lachs oder Forelle. Gut gegen die Strömung schwimmen ohne sich vom Bären erwischen zu lassen. Ein Feigling eben. Der halt noch lebt.

Und jetzt bin ich so alt und krank, dass die zweihundert Meter zum Einkaufen ein Marathon sind. Von dem Rückweg wollen wir gar nicht reden.

Könnte mich jetzt rausreden, dass es für Demos nicht so gut wäre, wenn ein alter Knacker dabei stirbt. Die heutigen Medien würden das zweifelsfrei ausschlachten, Lumpenpazifisten treiben alten Mann in der Tod oder so. Aber das ist auch nur Feigheit.

Ich habe immer noch nicht die Grösse meiner Grossmutter väterlicherseits, einfach loszulassen. Bewusst. Sie konnte das. Darum beneide ich sie. Sie war mutig. Ich bin immer noch feige. Ein Feigling halt.

Vielleicht sollte ich vor dem Ende doch mal wieder auf ne Demo gehen, wahrscheinlich müsste ich die sogar noch selbst organisieren, um dann vielleicht dabei endlich loszulassen, egal was daraus wird. Aber es ist euer Leben, nicht mehr meins. Ich bin einfach zu alt für den Scheiss, so als Standardausrede eines bekennenden Feiglings.

Schau mer mal. Ich hoffe doch arg, dass die Hoffnung erst nach mir stirbt!

P.S.: Ich kämpfe weiterhin, als Feigling, für das Seelenheil meiner Mitmenschen und mein eigenes. Ich höre ihnen zu, versuche zu verstehen und bin oft überrascht, was da alles so aus dem tiefen Teich auftaucht und freue mich wenn man mir zuhört. Aber diese Form von Mut ist in dieser Gesellschaft keinen Heller wert. Daher bleibe ich gern und weiter ein Feigling, ein alternder Lachs, der auf den Bären wartet. Es wird weder für den Bären noch für mich ein erwartbares Erlebnis sein. Auch wenn es erwartbar scheint. Ein Blick kann immer noch mehr sagen als tausend Worte.

P.P.S.: Mit Schrecken sehe ich die Entwicklung in Deutschland und bin ganz nach Heine um den Schlaf gebracht. Kriegstüchtig war ich nie und wollte ich nie sein, diese Form der Feigheit (ich unterwerfe mich dem Militär) habe ich mir als bekennender Feigling nie zu eigen gemacht. Mögen sie mich standrechtlich erschiessen, wenn ich mich weigere Krieg zu spielen. Ist wenigstens ein schneller Tod.

Der Fall des Patriziers

Buch

Mumm erstarrte fast bei dem Geräusch. Wenn man von Erstarren überhaupt noch reden konnte. In seinem Alter.

Es kostete ihn nicht wenig Mühe einen weniger erstarrten Zustand einzunehmen. Und Geräusche, sofern sie überhaupt noch an sein Ohr drangen, entsprachen wahrscheinlich selten den tatsächlichen Geräuschen und ihrer Lautstärke.

Stachelbeere war einige Zeit durchaus hilfreich gewesen, aber gegen das Alter konnte man nicht gewinnen.

Irgendetwas war gerade, dachte Mumm und wollte sich schon fast darüber ärgern, dass er dauernd abschweifte und den Faden verlor als das Geräusch ein zweites Mal erklang.

Das Knirschen eines halben Ziegelsteins der auf das Pflaster fällt. Damals. Feurig hinter ihm. Der Mob vor ihm…

Inhalt

Der Fall des Patriziers.

StachelbeereAM

Vetinari war nicht gerade erbaut gewesen, um es milde auszudrücken, als Mumm darum bat, dem Kobold aus seinem DisorganizerTM, den er Stachelbeere1Wie in Klonk! (engl. Thud!) erläutert wird, hiess das Disorganizer-Modell Fünf StachelbeereTM und Mumm hatte sich nie die Mühe gemacht, die Bedienungsanleitung vor ihrer Vernichtung zu lesen. nannte, auch wenn der Kobold auf [Hier bitte Namen einfügen] bestand, formell die Bürgerrechte zu erteilen.

Nicht das er weniger Bürgerrechte hatte als ein durchschnittlicher Bürger Ankh-Morporks. Viele hatten noch nicht mal den Komfort eines Kastens in dem man, möglicherweise, schlafen konnte. Kobolde waren einfach zu nützlich, als das man sie mit formellen Rechten beschweren sollte.

„… und da bist du dir völlig sicher?“

Vetinari sah ihn mit einer hochgezogenen Braue amüsiert und fragend an.

„Herr …“

Das war immer eine gute Antwort, die alles offen liess. Insbesondere wenn man den Blick knapp über Vetinaris Kopf gerichtet hielt.

Schweigen füllte den Raum wie ein aufgehender Hefeteig, der in Mumm einige Erinnerungen wach rief. Völlig unerwartete Fensterstürze, zufällig fallendes Zwergenbrot, überraschend zielsichere Wagenräder und durch sonstige plötzlich verfügbare Gegenstände unerwartete und unerklärliche Zerstörungen diverser DisorganizerTM Modelle. Nicht alle Kobolde hatten dies gut überstanden. Sybils diskrete Hinweise waren schon schlimm genug gewesen.

“ … natürlich würden die Rechte erst ab dem Zeitpunkt der Verfügung gültig …“

Die Bemerkung schwebte bleiern im Raum und Mumm fragte sich wieder einmal wie gut Vetinari Gedanken lesen konnte oder wodurch er sich verraten hatte.

„Und was schlägst du vor bezüglich der anderen Kobolde?“

„Herr …“

„Ich kann ja kaum nur einem Kobold die Bürgerrechte zugestehen. Insbesondere da sich dein Kobold noch nie in besonderem Mass verdient gemacht hat. Da lässt sich schlecht mit einer Ausnahme argumentieren.“

„Die Sache ist die, Herr …“

„Sybil hat ein sehr grosses Herz und ein noch grösseres Durchsetzungsvermögen würde ich meinen.“2Im Gegensatz zu anderen Frauen, deren Macht sich nur auf die Ehemänner erstreckte, verstand es Lady Sybil sehr gut, allen Männern das Gefühl eines Ehemanns zu geben. Jedes Argument wurde mit absoluter Präzision und Eleganz in ein Argument verwandelt, das bei den Betroffenen das Gefühl auslöste, völlig im Unrecht und auch der Gnade von Lady Sybil ausgeliefert zu sein. Die Käsedicks waren eine Familie, die auf sehr viele robuste und energische Frauen zurückblicken konnte.

„Ja, Herr!“

Die Wahrheit war immer ein sicherer Anker.

„Aber was werden all die Bürger sagen, wenn ihre Kobolde Arbeitsverträge und Überstundenzuschläge verlangen? Oder gar Ruhepausen?“

Manchmal war es besser wenn man gar nichts sagte.

„Nicht jeder verfügt über so viel Vermögen, wie ihr, euer Gnaden. Aber fast jeder verfügt heutzutage über einen DisorganizerTM. Das könnte grosse Teile der Bevölkerung verunsichern …“

„Nun, es könnte vielleicht auch grosse Teile der Bevölkerung wieder der Realität näher bringen. Möglicherweise könnte es auch weniger Unfälle mit Leuten geben, die ausser ihrem DisorganizerTM nichts mehr wahrnehmen. Ein Stau sorgt auch für Unruhe und nicht alles lässt sich mit Kobolden lösen …“

Vetinari blickte Mumm streng an und wollte gerade anfangen eine Frage zu stellen. Doch Mumm war schneller. Darauf war er vorbereitet.

„Zwei bis drei Unfälle pro Tag, im Schnitt. Meist zu den Hauptverkehrszeiten, Herr.“

Es war ein mieses Argument, dass wusste Mumm auch. Aber ein besseres hatte er nicht. „Sybil meinte …“ wäre kaum ein angemessenes Argument gewesen. Auch wenn es über ihnen schwebte wie eine drohende Gewitterwolke. Beiden war klar, dass die Unruhe, die Sybil verursachen würde, jeden Bürgerkrieg wie ein Picknick aussehen lassen würde.

„Wie viele Unfälle haben wir eigentlich, im Schnitt, an denen kein DisorganizerTM beteiligt ist?“

Genau das war der Schwachpunkt. Es war klar, dass diese Frage kommen musste. Vetinari wäre nicht mehr er selbst, wenn es anders gewesen wäre. Der ruhige Blick Vetinaris lag lauernd auf Mumm. Es machte keinen Sinn noch länger unter diesem Blick zu leiden.

„Um die dreissig, manchmal auch vierzig …“

„Pro Tag?“

„Ja, Herr.“

Vetinaris „Hmm…“ füllte den Raum wie Vanillesosse, drang in den letzten Winkel ein, füllte den Kopf und machte das Denken klebrig.

„Eigentlich sind sie doch einfach nur gern nützlich, die Kobolde. Sie werden unglücklich, wenn sie sich nicht nützlich machen können.“

Ein weiteres lauwarmes Argument. Obwohl es der Wahrheit sehr nahe kam. Stachelbeere, [Hier bitte Namen einfügen], stand genau deswegen der Sache eher skeptisch gegenüber. Er hatte nicht darum gebeten. Ganz und gar nicht.3Kobolde waren kleine Lebewesen, die üblicherweise erfreut waren, jemandem zu helfen. Weswegen sie so leicht und gern von anderen versklavt wurden. Zumindest von denen, die sie sehen konnten. Mit Ausnahme der Wir-Sind-Die-Grössten, die auch in Sache Grösse weit überdurchschnittlich waren und eine Kröte als Anwalt hatten. Sie waren klein, schnell und überaus effizient, brauchten allein aufgrund ihrer Grösse wenig Nahrung und konnten lange ohne Schlaf oder Ruhepausen auskommen. Ohne die Kobolde wären weder Holywood noch DisorganizerTM oder Fotografie möglich gewesen.

„Vielleicht weil sie noch nie die Freiheit eines Bürgers geschmeckt haben.“ wandte Vetinari ein.“

Von dieser Seite hatte es Mumm noch gar nicht gesehen.

„Nun, sofern Stachelbeere dies wünscht …“

Woher zum Kuckuck wusste Vetinari das, fragte sich Mumm verzweifelt. Er stand der Sache ja ebenfalls skeptisch gegenüber. Aber wenn Sybil sich etwas in den Kopf gesetzt hatte …

„Und sofern du das wünscht …“

Die Falle war also zugeschnappt. Mumm konnte jetzt nicht einfach mit einem Steingesicht warten und nichts sagen. Ein Rückzug war ebenfalls nicht denkbar. Dieser hätte ihn nur mit Lichtgeschwindigkeit an die häusliche Front geschickt. In einen Kampf, den er nur verlieren konnte.

Und was sollte es schon bringen, Vetinari tief in die Augen zu blicken, da er auch ohne Augenkontakt Mumm wie ein Buch lesen konnte. Was er auch jetzt wieder tat und Mumm zuvor kam.

„In diesem Falle werde ich mir das wohl noch einmal durch den Kopf gehen lassen. Gibt es sonst noch etwas?“

Jede Menge, dachte Mumm, jede Menge. Die Stadt platzte aus den Nähten. Die Schatten schienen sich auf immer mehr Viertel auszubreiten. Alles musste immer schneller gehen und trotz oder gerade wegen der ganzen Klacker, DisorganizerTM, Briefmarken, Dollarscheine, Dampfmaschinen mussten immer mehr Leute noch mehr arbeiten, um am Ende des Tages noch weniger zu haben als gestern.

Ob er es wollte oder nicht, er fühlte sich alt, damals, sehr alt. Bis er alt wurde und lernte, wie es sich wirklich anfühlt alt zu sein. Noch mehr Geplauder dieser Art würde er heute nicht vertragen.

„Nein, Herr. Nichts Dringendes.“

Womit Mumm zumindest bei der Wahrheit blieb, die ihn betraf.

Ein unscheinbares Nicken verriet ihm, das er entlassen war. Was die Aussicht nicht besser machte. Was sollte er Sybil sagen? Das Vetenari darüber nachdenkt? Das er ohne greifbares Ergebnis nach Hause kommt? Das er zwischen Hammer und Amboss weichgeklopft wurde, statt zu hartem Stahl zu werden? Das er jederzeit als Polizist Vetinari verhaften würde, es wäre ja dann nicht mehr das erste Mal4In Die volle Wahrheit (engl. The Truth) muss Mumm Vetinari wegen mutmasslichem Mord verhaften. Während er in Wachen! Wachen! (engl. Guards! Guards!) Karotte gerade noch davon abhalten kann, den Patrizier wegen nicht eingehaltenen Verkehrsregeln zu verhaften., aber als Mann mit einem Wunsch, der nicht der seine war, an den schroffen Klippen des Patriziers beinahe zerschellt wäre?

Zu allem Unglück, wie er auf der Strasse feststellen musste, hatte er auch noch sein silbernes Etui vergessen. Das war es dann wohl mit dem Rauchen. Es musste Montag sein. Montage hatte er noch nie gemocht.

Seine zögernden Schritte Richtung heimwärts wurden jäh unterbrochen, als Karotte wie aus dem Nichts vor ihm auftauchte. Mit dem silbernen Etui. Es war wie verhext. Konnten alle seine Gedanken lesen?

„Ich dachte mir, dass du danach suchen würdest, als ich es in der Wache auf deinem Schreibtisch sah. Geht es dir gut, Herr?“

Ist das meine Kuh? schoss ihm ungefragt in den Sinn. Wie einfach erschien ihm doch das Kinderbuch, das er seinerzeit dem kleinen Sam vorgelesen hatte. Aber die Frage war auch hier und heute berechtigt. Denn: Es macht „bäh“, es ist nicht meine Kuh, es ist ein Schaf! Und da waren wir noch gar nicht bei dem Nilpferd, dass er so hervorragend imitieren konnte.

Er konnte es nicht verhehlen, dass es ihn schwer getroffen hatte, als der kleine Sam nach einem anderen Buch verlangt hatte. Gerade dann, als er richtig gut darin geworden war, scheinbar bedeutungslosen Worten eine Bedeutung zu verleihen.

„…?“ entsprach am Besten dem Ausdruck von Mumms Gesicht, das sich verzweifelt5Mumms Steingesicht war bekannt dafür, keine Beweglichkeit irgendeiner Art aufzuweisen. bemühte, die Form eines Fragezeichens anzunehmen.

Irgendetwas von ihm hatte [Hier bitte Namen einfügen] vernommen. Und als er wieder halbwegs die derzeitige Realität wahrnahm, bemerkte Mumm, dass Karotte und Stachelbeere gleichzeitig auf ihn einredeten. Verdammt, wo war ich gerade, dachte Mumm.

„Okay, bitte nochmal langsam zum Mitschreiben und einer nach dem Anderen. Ich bin ein fast schon alter Mann, kein Hyper-KlackerTM 6Da sich die Kobolde in jeder Hinsicht als nützlich erwiesen hatten, war man schnell darauf gekommen, dass man Klacker, viel einfacher und schneller mit Kobolden bedienen konnte. Ausserdem waren sie viel kleiner. Über die grossen Klacker liefen nur noch Überlandnachrichten. In der Stadt gab es auf vielen Dächern kleine Hyper-KlackerTM Stationen, die den städtischen Nachrichtenverkehr auffingen und weiterleiteten..

Offensive Verteidigung7Nicht offenbaren, dass man eigentlich gerade weggetreten war, sondern forsch etwas, z.B. eine Wiederholung, zu verlangen. Oft hatte dies eine nicht unbeträchtliche Wirkung. Jeder konnte noch einmal darüber nachdenken was er gerade gesagt hatte. Und allein herauszufinden, was man gerade gesagt hatte, kostete meist wertvolle Zeit, ohne das man wirklich noch wusste, was man gesagt hatte. Diese Zeit konnte man nutzen um wieder im Hier und Jetzt anzukommen. Abgesehen von den Erkenntniseffekten wie „Habe ich das gerade wirklich gesagt?“., so nannte Mumm es für sich.

Und woher kam eigentlich Stachelbeere, der auf der Schulter von Karotte hockte und nun so einen erbärmlichen Eindruck machte, dass Mumm ihm fast das erste Buch für den kleinen Sam vorgelesen hätte.

Karotte war da eher direkt und unerschütterlich. Er taxierte die Reaktionen von Mumm und fragte sich, ob dieser nicht langsam alt wurde. Früher hatte er sofort gemerkt, wenn er ihm etwas Unangenehmes berichten musste und es eigentlich nicht wollte.

„Nur rein aus Interesse, Hauptmann. Es ist nur das silberne Etui und mein albernes Bedürfnis eine Zigarre zu rauchen, welches dich so schnell hier hergetragen hat? Samt Stachelbeere?“

Ja, dachte Karotte, er kann es immer noch, aber er wird langsamer.

„Natürlich, Herr. Ich weiss wieviel dir daran liegt. Ich schätze der Inhalt ist eher zweitrangig. Und ich war nicht dabei um den Flieder tragen zu dürfen.“8Das Etui hatte dank der Hilfe von Lu Tze einen wesentlichen Einfluss darauf gehabt, dass Mumm seinerzeit nicht in das falsche Hosenbein der Zeit gerutscht war. Siehe auch Die Nachtwächter (engl. Night Watch).

Karotte Eisengiessersohn machte es jedem einfach leicht, ihn völlig zu unterschätzen. Selbst wenn man wusste, dass ein Mann, der sich als Zwerg begriff und eine solide Beziehung mit einer Werwölfin pflegte, alles andere als dumm oder naiv sein konnte.

„Und warum bist du hier, Stachelbeere?“

Karotte hatte einen entscheidenen Fehler gemacht. Einen Kobold mitzunehmen, der nicht über genug Phantasie verfügte um lügen zu können. Da half auch Karottes Pokergesicht rein gar nichts.

„Es ist schrecklich, Herr. Absolut schrecklich …“

Karottes mahnender Blick hätte sich wie Lava durch Detritus gefressen und Detritus in seinen Grundfesten erschüttert, aber um den kleinen Kobold schien der Blick einen enormen Umweg zu nehmen, so wie Licht um eine etwas zu grosse Sonne.

„… sie, sie … Herr, ich wusste es nicht. [Hier bitte Namen einfügen] wurde nicht informiert. Es heisst ich hätte Umgang mit den falschen Leuten. [Hier bitte Namen einfügen] wäre ja noch nicht mal aktiviert9Die Aktivierung erforderte auch, das dem Kobold ein persönlicher Name gegeben wurde. Da Mumm die Bedienungsanleitung sofort entsorgt hatte, war der DisorganizerTM offiziell bis jetzt nie in Betrieb genommen worden. Das er trotzdem funktionierte verdankte er der hilfreichen Seele des Kobolds.. Weshalb ich keinen Namen und keine Stimme habe, Herr. Einen Überläufer, Herr, so nannten sie mich, Herr. Sie haben nicht auf mich gehört. Wenn Hauptmann Karotte nicht gewesen wäre …“

Der mahnende Blick wechselte seinen Besitzer und richtete sich jetzt direkt auf Karotte.

„Hauptmann?“

Karotte gab vor einen Fleck auf seinem makellos glänzenden Brustharnisch zu entfernen. Mit einem Eifer der seinesgleichen suchte. Als ob der Blick sich durch den Brustharnisch gebohrt hatte.

„Wie ernst ist es, Hauptmann?“

Mumm konnte Karotte dabei zusehen, wie er Worte sortierte, verwarf, nach neuen Worten fahndete, wieder verwarf, bis er sich zu den Worten „Die DisorganizerTM.“ durchgerungen hatte.

Karotte hatte viel von Mumm gelernt. Auch dass es meist sehr klug war, wenn es brenzlig wurde, so wenig wie möglich zu sagen. Was ihm allerdings in Anwesenheit eines Kobolds so viel half, wie ein Zahnstocher, um damit einen Minengang abzustützen, der für Karotte die richtigen Proportionen10Karotte, von Zwergen aufgezogen, war fast eins neunzig gross und wurde von den Zwergen Kzad-bhat, Kopfstosser, genannt. Es gab kaum Zwergenminen, die die richtigen Proportionen für Karotte hatten. hat.

„Und die Bilderkasten, Herr. Die Hyper-KlackerTM, die … eigentlich alle Kobolde in Diensten, Herr. Sie streiken, Herr. Und wollen eine Gilde. Und Bürgerrechte. Und Arbeitsverträge. Die Wir-Sind-Die-Grössten haben ihnen ihre Kröte geliehen, Herr. [Hier bitte Namen einfügen] hat alles versucht. Aber sie wollen nicht hören. Keiner hört auf [Hier bitte Namen einfügen]. Keiner …“

Die verhaltene Kritik von Stachelbeere entging Mumm keineswegs. Aber was sollte so schlimm daran sein, dass die DisorganizerTM, Bilderkästen und Hyper-KlackerTM eine Weile lang nicht funktionierten. Otto Chriek war sicher nicht erfreut. Aber alle würden jetzt viel mehr vom Leben haben, wenn sie nicht ständig von DisorganizernTM umhergetrieben und von Personen wie Otto fotografiert wurden. Zumindest aus Mumms Perspektive.

„Ein paar Tage ohne Fotos von Otto, die die Wache nicht von ihrer besten Seite zeigen? Wo ist das Problem, Hauptmann?“

„Die Leute werden unruhig, Herr.“ war alles, was Karotte preisgab.

Vielleicht hatte er doch Einiges verpasst in letzter Zeit. Oder hatte es nicht sehen wollen. Selbst sein Sohn Sam lief dauernd mit einem dieser Dinger rum. Die neuesten Modelle wurden von mindestens vier Kobolden angetrieben, hatten einen integrierten Hyper-KlackerTM, konnten Bilder anfertigen und vieles mehr. Sein Modell war eigentlich schon ein Jahr nach dem er es nagelneu von Sybil bekommen hatte, für die nur das beste und neueste Modell gut genug war, hoffnungslos veraltet. Und die neuesten Modelle lagen soweit von seinen Vorstellungsgrenzen entfernt, dass er noch nicht einmal ein Gefühl dafür hatte, was man mit diesen Geräten anstellen konnte.

Wahrscheinlich ist mein stählerner Blick auch nicht mehr so gut wie früher oder Karotte ist besser darin geworden, diesem standzuhalten, dachte Mumm. In so einer Situation half nur die Flucht nach vorn.

„Karotte, bitte hilf mir zu verstehen. Warum werden die Leute unruhig?“

„Vielleicht ist es dir entgangen, aber heute benutzen alle ihre DisorganizerTM …“

Auch hier konnte Mumm nicht über den Hauch eines Tadels hinwegsehen, entschied sich aber dafür, besser erst ein mal zu Schweigen und der Dinge zu harren, die da noch kommen mochten.

„… für eigentlich fast alles. Auch die Wache …“

Mumms erste Reaktion war zu fragen, warum er davon nichts wusste. Aber er biss sich tapfer auf die Lippen und verschluckte die Frage ohne Aufsehen zu erregen.

„Liegt es daran, dass ich so ein altes Modell benutze?“

„Unter anderem, Herr.“

So verschlossen hatte Mumm Karotte noch nie erlebt. Unter anderem? Was war ihm noch alles entgangen?

„Erinnerst du dich an Holywood, Herr?“

„Die verrückten Alchemisten und ihre Filmvorstellungen? Ja sicher. Willst du sagen, der Wächter schläft wieder?“

„Nein, Herr. Wir brauchen heute keine Alchemisten mehr. Die neuen Modelle können alles aufnehmen und wiedergeben, als ob man seine eigene Filmvorstellung hat. Was ungemein nützlich für die Wache ist. Abgesehen vom Hyper-KlackerTM, mit dem ich jeden fast überall erreichen kann. Sicher, wir wussten damals auch wo Nobby oder Fred wahrscheinlich gerade waren. Aber wir sind jetzt fast tausend Leute in der Wache. Da wird so etwas schwierig. Ehrlich gesagt, wüsste ich im Moment nicht, wie ich meinen Dienst ohne DisorganizerTM auch nur annähernd ausüben könnte.“

Das kam einem Schlag in das Magendreieck gleich. Mumm musste sich erstmal von seiner Ahnungslosigkeit erholen. Wie weit weg war die Wache aus seinem Leben gerückt?

„Ausserdem nennt man die neuen Geräte jetzt SchmartiesTM. Mit W.A.H.NTM11Weitgehend Autonomes Hauskobold Netzwerkund B.A.H.NTM12Ballon Assistiertes Hauskobold Netzwerk.

Mumm hatte davon gehört. SchmartiesTM13Die Kombination aus DisorganizerTM, Hyper-KlackerTM und Mehr-Als-BilderTM. Bis jetzt hatte er dies für Süssigkeiten gehalten.

Karotte sah Mumms Gesichtsausdruck und entschied sich dagegen auch noch die integrierte K.I.14Kobold Intelligenz. Auch wenn viele Kobolde nur für mässig intelligent halten, was in den meisten Fällen zutrifft, so ist es doch nicht zu unterschätzen, was passiert, wenn man mehrere miteinander vernetzt. Man könnte es mit einer Schwarmintelligenz vergleichen. zu erwähnen.

Mumm dagegen fragte sich, warum alle in seiner Gegenwart die Dinger DisorganizerTM und nicht SchmartiesTM nannten. Der Patrizier wusste mit Sicherheit von den neuen Geräten und Funktionen. Und wie sie hiessen.

Meinten denn alle tatsächlich man könne dem alten Mumm dies nicht mehr zumuten? Sicher, er liess sich selten von Technik oder irgendjemanden beeindrucken. Und schon gar nicht beeinflussen. Bei der guten alten Polizeiarbeit war Technik im wesentlichen Verhör-Technik, Würgegriff-Technik, Stillstehen-Technik oder Ähnliches. Eine Form der Technik die er meinte, immer noch gut zu verstehen.

Hatten sie ihn bereits auf das Altengleis abgeschoben und er hatte gar nichts gemerkt? Hatte Vetinari von dem Streik gewusst? Es war absolut unvorstellbar, dass er nichts davon wusste. Im Gegenteil, er hatte es sogar erwähnt, Arbeitsverträge, Ruhepausen.

Fast wäre der Polizist in ihm erwacht, der der sagt, ich bin nicht im Besitz aller Fakten. Aber er wurde gleich wieder schlafen gelegt. Wenn Vetinari es wusste, dann hatte er bereits einen Plan. Mumm zündete sich zufrieden eine Zigarre an. Es war nicht mehr sein Fall. Es gab keinen Mord, keinen Diebstahl, nichts was in seine Kompetenz fiel.

Aber was wenn du der Plan bist, fragte der schläfrige Polizist in ihm? Es kann nichts schaden, ein paar Fakten zu kennen, auch wenn es offensichtlich politisch war. Allerdings war er als Herzog ebenso politisch, ob es ihm in den Kram passte oder nicht.

„Also gut, bringt mich zu ihnen. Wollen wir doch mal sehen, was sie zu sagen haben. Hauptmann, du holst Herrn Schräg15Bekannter Anwalt einer altmodischen Anwaltskanzlei namens Tagscheu, Schräg und Honigfleck. Er war Zombie, die beiden anderen Mitinhaber Vampire., Stachelbeere kann mir gewiss den Weg zeigen.“

Karotte versuchte die Wendung der Ereignisse zu verdauen, aber es blieb im keine Zeit dafür. Vielleicht hätte er doch die K.I. erwähnen sollen.

„Das war ein Befehl, Hauptmann.“

Als ihn Stachelbeere direkt zu Lady Sybils Gratishospital führte, wurde Mumm in mehrfacher Hinsicht mulmig. Mulmig war genau das richtige Wort, dass nicht nur sein Unbehagen beschrieb, sondern auch, pulverig, locker, den nicht vertrauenswürdigen Untergrund, auf dem er wandelte. Der sich mit Sicherheit auch noch als faulig und morsch herausstellen würde.

Was wusste seine Frau davon? Beherbergte er etwa Rebellen, ohne es zu wissen? Wusste er eigentlich noch, was in der Stadt vor sich ging?

Karotte schloss im Eilschritt zu ihm auf, den Anwalt, Herrn Schräg, fast mit sich zerrend. Man konnte förmlich sehen, wie erfreut16Die meisten Erfahrungen, die Herr Schräg mit Mumm gemacht hatte, hatten ihn in dem Glauben bestärkt, auf keinen Fall freiwillig eine Wiederholung zu verlangen. dieser war, Mumm und Stachelbeere zu sehen. Mumm hielt sich nicht lang mit Formalitäten auf.

„Du kennst den Anwalt der Wir-Sind-Die-Grössten?“

„Ja, Euer Gnaden …“

Eigentlich hält man es für völlig ausgeschlossen, dass ein Zombie, blutlos, wie er nun mal ist, erbleichen könnte. Allerdings passierte genau dies mit Herrn Schräg. Er schien auch gleichzeitig zu schrumpfen.

„Nur der Anwalt.“ versuchte Mumm ihn aufzumuntern, ohne jedoch den gewünschten Erfolg zu erzielen.

Ein Anwalt der Wir-Sind-Die-Grössten hatte neben juristischen Spitzfindigkeiten immer noch die Wir-Sind-Die-Grössten17Eine streitlustige, nahezu unbesiegbare, Koboldarmee, deren Mitglieder sich bereits für tot hielten. Näheres siehe Kleine freie Männer (engl. The Free Wee Men). als Ass im Ärmel.

Zudem vergessen viele zu rechnen, wenn sie Zahlen sehen. Wie es seinerzeit General Witzklaus elegant ausnütze, in dem er sagte:

„Wir rücken jeden Tag 130m vor, haben schon 15.000m18Dem Adjudant von Witzklaus war leider ein sehr kurzes Leben beschert, was im wesentlichen auf die Tatsache zurückzuführen war, dass er in seliger Unschuld „Weiss jemand die Quadratwurzel von 15?“ fragte. Zum Glück wusste dies keiner der Anwesenden und auch der Adjudant sollte nie die Lösung des Rätsels erfahren. TOD beschränkte sich auf „X2 = 15, X SOLLTE ERKENNBAR KLEINER SEIN, WENN ICH NICHT IRRE.“. Er wollte noch hinzufügen, nach meinem Gefühl so zwischen 3 und 4, eher 4. Aber die Seele des Adjutanten hatte es scheinbar eilig gehabt. Gelände erobert und müssen nur noch 3.87m2 befreien.“

Keiner hätte daraus geschlussfolgert, dass es 1:1 stand19Denn 15.000m sind immer noch 3.87m2.. Die Kröte war ein Meister im richtig rechnen und falsch darstellen. Von ihr hätte sogar Witzklaus etwas lernen können. Und Schräg wusste das nur zu genau.

Irgendwelche Mönche, wahrscheinlich von Om, es wäre dieser Religion mehr als zuzutrauen, dachte Mumm, intonierten in ein paar Gassen abseits ein vielstimmiges „Ora et labora“. Vielstimmig war ein weitaus besserer Begriff als harmonisch oder gar im Takt. Es hätte fast ein Kanon20Eine Form der intelligenten Vergewaltigung von Musik, der Wortsinn deutet auf Massstab, Richtschnur und Regel hin, die in der Musik nicht unüblich sind. Beim Kanon singt jeder sein eigenes Lied, welches zufällig das gleiche Lied des Nachbarn ist, nur ein intelligentes bisschen zeitversetzt. Jeder muss sein eigenes Metronom und seine eigene Melodie sein. Aber bitte quasi synchron mit allen anderen. Eine Musikform mit er-Effekt, also er-heiternd, er-haben, er-drosselnd … und un-Effekt, wie un-glaublich, un-fassbar, un-erträglich … werden können, aber einige Mönche schienen schon von drei Worten überfordert zu sein.

Also gut, dachte Mumm, dann betet mal, dass ich arbeite und nicht meinen Blick auf euch richte. Doch viel weiter konnte er nicht an die originellen Geräuscheffekte denken.

Tatsächlich kam ihm Sybil entgegengeeilt, man könnte auch sagen, sie verkörperte eine Armee, die im Gleichschritt, diszipliniert und zu allem bereit ihrem Gegner entgegeneilte. Das der Gegner zufällig der eigene Ehemann war, war nur so ein Marotte des Lebens und der Zeit.

Hinter ihr Klein-Sam, der im Schlepptau Kaitlyn mit sich führte. Es sah schwer danach aus, dass Kaitlyn die am wenigsten erfreute Person dieses Aufmarsches war. Und wahrscheinlich nur deswegen, weil sie mittlerweile wieder hochschwanger war, schnaufte wie ein Walross und mit einer stützenden Hand versucht, die Rückenschmerzen zu verscheuchen, die sich wie Krähen auf ihr niederliessen.

Ganz zu schweigen, von dem Atem, den sie gerade verzweifelt suchte.

Mit ernster Miene blieb Sybil vor ihm stehen.

Das schöne am Alter ist der Umstand, dass vieles verlangsamt wird. Egal ob es einem beliebt oder nicht. Mumm hatte noch ein Quentchen Zeit, denn mit unerbittlicher Exaktheit erkannte er, dass Sybil erst einmal wieder zu Atem kommen musste. Das Keuchen war ein mehr als deutlicher Hinweis.

„Bin ich in Schwierigkeiten?“ eröffnete Mumm das Match. Und der Schiedsrichter lässt Vorteil gelten.

„Du …“ keuchte Sybil, „… du kommst am Besten einfach mit.“

Die erschreckende Einfachheit der Wortwahl liess keinen Zweifel daran, dass langer Rede nicht nur kurzer Sinn, sondern, in dieser Situation, absoluter Unsinn war. Sein Ehegatten-Radar war auf vollen Empfang gestellt und, ohne zu wissen wie ihm geschah21Natürlich wusste er genau, was ihm geschah, er war schliesslich ein aktives Element in dem Geschehen, aber oft zahlte es sich aus, Unwissenheit zaghaft anzudeuten, mit einer Zaghaftigkeit die durchaus bereit war, einen Anwalt ins Spiel zu bringen., folgte er Sybil, die sich, immer noch keuchend, auf genau den Weg machte, der unberedt sein Ziel gewesen war.

Als ob alles nicht schon verworren genug gewesen wäre, von schlimm wollen wir hier lieber nicht reden, gesellte sich der illustren Fast-Schon-Armada noch ein schlingernder Besen hinzu.

„Oh Weh“, dachte Mumm, „jetzt bin ich wirklich in Schwierigkeiten.“

Nicht das er Tiffany Weh, die auch schon bald Oma sein würde, ablehnend gegenüber stand. Ganz im Gegenteil. Das Problem waren nur ihre Rockschösse. Und, um genauer zu sein, die Armeen von Wir-Sind-Die-Grössten, die sich darin tummelten. Sicher, die Stadt war um die eine oder andere Attraktion reicher geworden, aber jedes Mal, wenn Tiffany Ankh Morpork verliess, setzte Sam Mumm ein Stossgebet22Ein Gebet welches, in keiner irgendwie denkbaren Deutung, auch nur annäherungsweise ihre Rückkehr einschloss. gen Himmel ab.

Fast schon hätte Mumm es vermisst, dieses „Ugh“. Aber es wäre ihm verkehrt vorgekommen, wenn es nicht da gewesen wäre. Eine Situation wie diese erforderte wahrscheinlich mehr als ein „Ugh“, vielleicht sogar ein „Ugh Ieekh“ oder einen Detritus. Wieso musste er gerade an Detritus denken? Die kleinen Beben, die über das Pflaster liefen waren sicher ein Hinweis. Und stammten sicher nicht von einem Bibliothekar, der die Körperform eines Orang-Utans aufwies. Und auch dessen Gewicht. Interessanterweise können diese Wesen sich, trotz ihres nicht unbeträchtlichen Gewichts, erstaunlich lautlos und erschütterungsfrei bewegen.

„Ich gehört und gekommen, Herr Mumm“ polterte es neben ihm.

Es begann definitiv ein klitzekleines bisschen unheimlich zu werden. Willikins war bestimmt auch nicht weit. Soweit kamen seine Gedanken gerade noch bevor sie je gestoppt wurden von dem sich in seinen Hosensack hineinschiebendem Teil, dass ihm allzu vertraut vorkam. Man hätte fast meinen können, dass es entfernt einem Schlagring ähnelte.

„Nur falls es noch schlimmer kommen sollte …“ flüsterte Willikins ihm ins Ohr.

„Die Armbrust ist gesichert, Detritus?“

„Oh, danke, Herr, in all der Eile … jetzt ist!“23Die Armbrust von Detritus war eher mit einer Belagerungswaffe zu vergleichen, die ganz deutlich formulierte, wir machen keine Gefangenen. Gebäude sind reine Nebensache. Und selbst hinter der Armbrust ist der Bereich nur begrenzt sicher.

„Sybil …“ keuchte es aus Mumm. Damals, nein damals hatte er auch gekeucht, allerdings eher gegen Ende, nicht schon am Anfang.

„Du wirst es sehen. Bleib einfach ruhig und du selbst …“

Bis jetzt war er sich noch nicht im Klaren gewesen, wie gross seine Schwierigkeiten tatsächlich waren. Ruhig bleiben, vielleicht nach aussen, für begrenzte Zeit, aber nein, es war nicht sein Naturell und es widersprach sich ganz entschieden und deutlich mit sei du selbst. Es war je eher so, dass er sein Selbst versuchte so weit zu unterdrücken, dass der angerichtete Schaden kontrollierbar blieb und die rufende Dunkelheit, wie auch andere Kandidaten, die Schlange standen, keine Chance hatten sich frei zu entfalten. Er kannte und erkannte die Verbrecher so gut, weil er sie alle in sich trug und zum Zeitvertreib versuchte diese unbezähmbare Horde zu zähmen, naja, besser gesagt, sie nicht ganz so bissig und gefährlich aussehen zu lassen.

Genau genommen verurteilte er sich jedes Mal selbst und wahrscheinlich wussten, ahnten oder benutzten das nur Sybil und Vetinari. Wie hatte er es in früheren Tagen so treffend formuliert: „Ich schätze, am Ende des Tages wird jeder von uns zum Hund eines anderen.“24Beim Gespräch mit Prinz Khufurah anlässlich der Verleihung der Doktorwürde Doctorum Adamus cum Flabello Dulci an eben jenen Prinzen. Siehe Fliegende Fetzen (engl. Jingo).

Zum Glück eilten sie mittlerweile eine Treppe hinauf und Sam Mumm blieb kaum genug Atem für die nächste Stufe. Geschweige denn für Rückfragen. Die vielen „Euer Gnaden, schön sie zu sehen.“, „Kommandeur Mumm, zu ihren Diensten“ und „Herr Mumm“ mit einem beflissenen Nicken konnten ihn nicht darüber hinwegtäuschen, dass gerade die ganze Mannschaft ihn einfach überholt hatte. Vielleicht mussten sie ja auf Sybils Geheiss ein Spalier bilden und waren deshalb so in Eile. Was mehr als verständlich gewesen wäre.

Als jedoch die Worte „Schatz, wo bleibst du denn?“ gerade versuchten, sich an seinen Gehörgängen unerkannt vorbeizuschmuggeln, wurde Mumm mit einem Schlag klar, dass er vielleicht ein kleines bisschen ausser Form war. Sicherlich nur ein temporäres Problem. Galt das nicht auch für das meiste im Leben?

Er war noch nicht gewillt, das Leben selbst als temporäres Problem anzusehen. Daher verlangsamte er seinen Schritt. Denn wenn man schon zu spät kam, dann wenigstens mit der Würde, die kein Keuchen enthielt.

Bevor Mumm es sehen konnte, hörte er schon Wullie fragen:

„Is der nicht ein bisschen klein zum verprügeln? Sieht ja fast aus wie wir nur klein…“

Bevor Rob Irgendwer ihm den Mund zuhalten konnte und nur noch ein „..hmmm, … hhhmm …“ durch den mehr als gefüllten Raum hallte.

Die letzten Stufen bereiteten Mumm nicht gerade Mühe, das wäre eine unangebrachte Untertreibung gewesen, aber er schaffte sie ohne zusammenzubrechen oder auch nur diesen Eindruck zu erwecken. Im Gegensatz zu seinem Inneren, in dem die diversen Organe in wichtigen Diskussionen zum Thema „Wer wird als Erster versagen“ verstrickt zu sein schienen.

Ausserdem sah er immer noch nichts. Natürlich sah er etwas. Er war ja nicht blind, Aber nur Köpfe vor Köpfen ist eine denkbar schlechte Position sich einen Überblick zu verschaffen.

Zum Glück sah er Sybil, an einer wesentlich vorteilhafteren Position, als seine momentane Position, zumindest was die Sicht anbetraf. Selbst etliche mehr oder weniger zaghafte Hinweise, wie wohl plazierte Ellenbogen, nach dem höfliches Bitten nicht mehr geholfen hatte, brachte kaum einen Fortschritt im Bezug auf seine Position.

Alle wollten nach vorne, wo auch immer vorne war, Mumm entschied, dass vorne ziemlich genau mit der Position von Sybil übereinstimmte und versuchte durch Hüpfen, wenn man es noch so nennen konnte, einen Überblick zu bekommen.

Beinahe hätte Mumm sich den Fuss verstaucht. Genau in dem Moment, als er sah, das Karotte auf ihn zukam und die Menge teilte, wie Moses das rote Meer, wenn er je von dieser Geschichte auf der Runderde gehört hätte. Was er verständlicherweise nicht hatte.

„Keine Fragen, bring mich einfach zu Sybil. Danke.“

War alles was er zustande brachte, während Karotte schneidig vor ihm salutierte.

Schon auf dem Weg zu Sybil konnte er jetzt Stachelbeere auf der Schulter von Schräg erkennen. Mit jedem Schritt war der Anwalt der Wir-Sind-Die-Grössten besser zu erkennen. Das er einen erhöhten Pfosten als hinreichend komfortabel empfunden hatte, ragte er über die Kobolde aller Grössen und Arten hinaus.

Und undeutlich hörte er Wullie, der mittlerweile nicht mehr Doofer Wullie genannt wurde, wie er meinte „… gesehen? Der hat einen Anwalt und will ihn auch benutz…“ bevor Rob Irgendwer ihm den Mund verschliessen konnte und beide anfingen zu zittern, weil Tiffany ihnen einen Blick zuwarf. Ein Blick der zum Glück nur die Androhung von verschränkten Armen und einem wippenden Fuss enthielt.

Mumm war fast versucht, seinen Knüppel tanzen zu lassen, allein der Umstand, dass er ihn nicht bei sich führte, vermied eine Wiederholung hinlänglich bekannter Tatsachen. Als er Schräg endlich erreichte, der, wie es schien in einem Blickduell mit der Kröte, den Wir-Sind-Die-Grössten und auch dem Rest der Koboldschaft befand.

Weswegen seine toten Augen fast wie lebendig durch die Gegenden zuckten. Es war schwer zu sagen, ob dies in irgendeiner Weise vorteilhaft sein könnte. Bis auf den Punkt, dass niemand mehr ein Wort sagen wollte.

Dies kam Mumm sehr gelegen. In knappen Worten, die eine zukünftige Realität potentiell enthielten, teilte er Schräg seine Unterhaltung mit Vetinari mit.

Was, wie Mumm nicht umhin kam zu bemerken, alle Blicke, die vorher auf Schräg gerichtet waren, umschwenken liess und er sich, bedauerlicherweise, im Brennpunkt des Blickinteresses wiederfand.

Schräg räusperte sich leicht und war völlig erstaunt von der Tatsache, dass diesem Signal keine Reaktion zugemessen werden konnte. Ganz im Gegenteil das Geraune wurde lauter, was fast nie als ein gutes Vorzeichen angesehen wurde.

Als auf einmal Stachelbeere die Stimme erhob war wahrscheinlich Mumm der Überraschteste von allen Anwesenden. Nicht nur, weil Hi Ko25 High Koboldility. Ein Soundsystem für gehobene Ansprüche ein Begriff war, der ihm völlig unbekannt war, sondern auch weil er in keinster Weise geahnt hatte, das Stachelbeere dies auch beherrschte. Und in dieser Lautstärke.

„Ich, [Hier bitte Namen einfügen], bitte euch, meinem Anwalt einen kleinen Moment zuzuhören, bevor wir Bruder gegen Bruder und Schwester gegen Schwester und wie auch immer es euch beliebt eine herrliche Schlägerei haben …“

„Rob, sollen wir jetzt …“ war alles, was aus einer Richtung kam, die schwer nach Wullie roch. Rob Irgendwer wusst schon nicht mehr genau, wie lange er die Hand auf Wullies Mund legen konnte, bevor Wullie blau anlief. Was bei all den blauen Tätowierungen eine nicht zu unterschätzende Herausforderung war.

Im Gegensatz zu Wullie, neigten alle Wir-Sind-Die-Grössten respektvoll den Kopf während viele etwas von „Keine Königin …“ murmelten. Wullie hätte auch den Kopf verneigt, das Versprechen auf eine herrliche Schlägerei war ein Angebot, dem auch er nicht wiederstehen konnte. Unglücklicherweise stangulierte ihn die Hand von Rob immer noch. Was die Bewegungsmöglichkeiten deutlich einschränkte.

Das Kaitlyn sich genau diesen Moment für eine frühzeitige Niederkunft aussuchte, als ob sie sich das selbst hätte aussuchen können, empfand Mumm in diesem Moment als wenig hilfreich. Auch wenn sich herausstellen sollte, das er völlig daneben lag.

Work in progress …

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Der Fall des Patriziers?

Hinweise des Autors

Die Schriftart ist mit Bedacht gewählt und gehört nicht zu den Schriftarten, die mir gefallen.

Dies ist mein persönliches Requiem für einen Menschen, den ich nie kennenlernen durfte, dessen Werk allerdings mein Leben mehr als gedacht beeinflusst hat. Seine Texte sind so vielschichtig, dass man selbst beim 20ten Mal lesen, immer noch einen Aspekt entdeckt, der einem vorher entgangen ist.

Es soll weder eine Fortsetzung, noch ein Neuanfang sein. Es ist ein Gedenken.

Nicht mehr, nicht weniger!

Mit Sicherheit kann ich ihm nicht gerecht werden. Mit fehlt sein Humor, seine Weitsicht, seine Brillianz, sein Blick für das Detail, sein …

… möge er in Frieden ruhen und sein Werk überdauern.

An alle jene, die geldwerte Gegengedanken ihr eigen nennen. Ich will und werde daran nichts verdienen, es nicht käuflich machen. Es ist mein Requiem an Terry Pratchett. Mein unzureichendes Gedenken an ein geniales Werk.

Ich habe eine Kröte als Anwalt und einige Wir-Sind-Die-Grössten als Helfer und werde nicht zögern, sie einzusetzen.

„Nein, Rob, das Schafeinreibemittel ist alle …“

„Wie? Ihr geht? Echt jetzt, das könnt ihr doch nicht machen. Rob? …“

Quellen

Es macht kaum Sinn all die Werke aufzuzählen, die mich bei meinem Requiem beeinflusst haben. Die Insel, Teppichvölker, Die Nomen, Die Nachtwächter, Klonk!, Die Krone des Schäfers, Strata … die Liste wird endlos, Schöne Scheine, Ab die Post, Die Farben der Magie … sucht euch ein Buch aus und dann das Nächste. Ich habe dort all das gefunden, was einem Holywood nur als Imitation bietet und mehr. Aber vielleicht habe ich auch nur eine rege Phantasie …

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Drohnen mit Gesichtserkennung

Wenn ich das richtig gelesen habe, gibt es Bestrebungen in den USA Drohnen mit Gesichtserkennung anzuschaffen und einzusetzen.

Regulierungen und Gesetze, so schlimm es auch ist, kann man hierbei getrost vergessen. Das war leider schon immer so. Was machbar ist, wird gemacht und auch getestet.

Interessanter sind hier eher die SF-Ansätze zu solchen Szenarien. Es gibt da verschiedene Szenarien, wie z.B. einen Tschador, einen Schleier, welche Form dieser auch immer einnehmen mag …

Wir werden also eine Aufrüstung in diesem Segment erleben, nehme ich stark an. KI’s sind ja auch nur Menschen, Nachahmungen der Funktionsweise des Gehirns bezüglich Mustererkennung. Wie Menschen sind auch KI’s für Täuschung anfällig. Es wird also ein Escher für KI’s gesucht …

Alles in allem geht es wieder nur um die alte Magie.

Mitten im Raum stehen ohne bemerkt zu werden.

Und es würde nicht einer gewissen Ironie entbehren, wenn jene, die einst ein Vermummungsverbot gefordert haben, die Ersten wären, die sich vermummen würden.

Spannende Zeiten …

Wege aus der Zivilisation in die Menschlichkeit

Wir meinen ja tatsächlich und glauben dies auch, dass wir zivilisierte Menschen wären. Nicht nur das, wir scheuen uns noch nicht einmal davor, blasphemisch zu behaupten, wir wären die Krone der Schöpfung, sapiens sapiensis und so.

Der Ursprung des Wortes Zivilisation, nämlich civis bedeutete nichts anderes als römischer Bürger, also eine Person der mehr Rechte und Privilegien zustanden, als anderen. Insofern, ungeachtet der Weiterentwicklung der Definition von Zivilisation, ist dieser Begriff nicht mehr und nicht weniger als eine Abgrenzung gegen andere Gemeinschaften, denen man z.B. weniger Rechte, Bildung, Privilegien und so weiter zugesteht. Die Flucht in das Wort Hochkultur bietet hier keinen Ausweg. Es sind nicht mehr die Römer, aber in „Hoch“ klingen genau die gleichen Vorurteile und Wertungen an, wie in civis.

Man könnte sagen, der Zivilisation ist Rassismus und Faschismus schon in die Wiege gelegt. Die Abwertung anderer Gruppierungen anhand biologischer, sozialer oder sonstiger Merkmale. Sowie die Bekämpfung, Verwertung oder Assimilierung derselbigen Gruppen. Und dies beziehe ich nicht nur auf Menschen.

Um Menschlichkeit zu erreichen, tatsächlich zu erreichen, nicht nur sich damit brüsten und anderen Regeln aufzwingen, an die man sich selbst nicht hält, führt kein Weg daran vorbei, dass wir diese Form der Zivilisation aufgeben und den Weg der Gemeinschaft, der Kultur, beschreiten. Falls wir uns vorher nicht in die Bedeutungslosigkeit versenken.

Weiterentwicklung anstatt sich über Anderen zu wähnen.

Auch ein Gemeinschaft oder Kultur grenzt sich ab, dies ist inhärent, aber sie wähnt sich nicht zwangsläufig besser als andere. Wobei dies, wie bei den Römern, durchaus immer wieder vorkommen mag, insbesondere dann, wenn eine bestimmte Grösse erreicht oder überschritten wird, die zu einer Eigendynamik führt, die schwer bis überhaupt nicht kontrolliert werden kann.

Denn mit der Grösse einer Gemeinschaft nimmt die Notwendigkeit zur Organisation zu, wie man schon an Bienen- und Ameisenvölkern erkennen kann. Die Temperatur des Baus muss reguliert werden, gefährliche Abfälle müssen beseitigt werden, der Nahrungsbedarf muss gedeckt werden (z.B. Pilzzucht) und so weiter und so fort. Je mehr Akteure es gibt, je mehr Räder, die ineinandergreifen, umso höher wird die Komplexität der Organisation.

Als Beispiel könnte man heute einen Computer sehen, dessen Organisation im Prinzip nur auf 0 und 1, zwei möglichen Zuständen, aufbaut. Dafür braucht es aus organisatorischer Sicht, heute, wie damals, lediglich einen Speicher für die Zustände und einen Prozessor für die Berechnung von Zuständen, sowie eine Eingabe- und Ausgabe-Einheit.

Die aktuelle Entwicklung hat gezeigt, das diese vier Organisationskomponenten sich abhängig und unabhängig voneinander stetig weiterentwickelt haben und in sich selbst mittlerweile riesige komplexe Organisationen und Unterorganisationen mit zahlreichen Akteuren entwickelt haben. Was dazu geführt hat, dass wir mittlerweile Computer in der Hosentasche oder am Armband tragen, die früher eine grosse Lagerhalle gefüllt hätten. Und trotz der Tatsache, dass wir Ausgabe- und Eingabeeinheit miteinander verschmolzen haben, also nur noch drei Organisationssäulen haben, ist die Komplexität mittlerweile so hoch, dass wir nicht mehr nachvollziehen können, wie eine KI zu einem Ergebnis gekommen ist.

Da der Mensch ein gnadenloser Kopierer ist, der der Natur noch nie die Patentgebühren entrichtet hat, gibt es derzeit im Wesentlichen zwei konkurriernde Organisationssysteme die in unterschiedlichen Mischformen existieren. Das Modell Insektenstaat und das Modell Säugetierrudel.

Im Modell Insektenstaat wird die Autonomie der Akteure scharf begrenzt um die Fehleranfälligkeit von synchronen Gruppenaktionen weitmöglichst zu verringern. Die Funktion von Akteuren innerhalb der Gemeinschaft ist klar definiert und kann nur schwer, wenn überhaupt, innerhalb einer Lebensdauer verändert werden.

Im Modell Säugetierrudel ist die Autonomie der Akteure im Beginn unbegrenzt, wird aber durch den Konkurrenzkampf um Ressourcen, Fortpflanzung und Führungsposition de facto begrenzt. Die Fehleranfälligkeit von synchronen Gruppenaktionen ist weitgehend vom Rudelführer und seiner Kompetenz abhängig und nimmt mit der Grösse der Gruppe zu. Die Funktion von Akteuren innerhalb der Gemeinschaft ist vom jeweiligen Rudel und Rudelführer abhängig und kann sich innerhalb der Lebensdauer mehrfach verändern.

Da wir Säugetiere sind und nicht über die genetische Disposition von staatenbildenden Insekten verfügen, müssen wir natürlich andere Wege finden, einen Insektenstaat nachzuahmen. Die üblichen Methoden sind Indoktrination, Drill und Angst. Typischerweise ist das Militär in den meisten Fällen nach dem Modell Insektenstaat ausgerichtet.

Grob gesagt hätten wir den wirtschaftlichen Westen (also die grossen Industrieländer) der das Säugetierrudel als Modell bevorzugt. Den asiatischen Bereich, der über viele Jahrtausende schon mit Grössenordnungen von Akteuren konfrontiert war, die der wirtschaftliche Westen erst seit ein paar Jahrhunderten kennt und mehrheitlich den Insektenstaat als Modell bevorzugt.

Sowie eine Vielzahl von mehr oder wenig grossen Stammesgesellschaften, die mehr oder weniger stark von den anderen beiden globalen Mitspielern ausgebeutet werden (Afrika, Südamerika).

Wir leben in einen globalen Welt, in der die 40.000 km Erdumfang fast keine Rolle mehr spielen. Fast jeder Ort der Erde ist mittlerweile erreichbar. Und ganz sicher jeder Ort, an dem Menschen leben können. Einmal rund um die Welt in 50 Stunden ist möglich, heutzutage.

D.h. wenn wir miteinander kooperieren wollen, ist es unabdingbar, dass die jeweiligen Verfassungen (ich nenn das jetzt mal so, man kann das auch anders nennen, gemeint ist die jeweilige Definition der Gemeinschaft, die ihre Kultur und geltenden Regeln begründet) an einem gemeinsamen Punkt verankert sind, den alle Gemeinschaften teilen und achten. Unabhängig davon, wie sie als Gemeinschaft im Inneren organisiert sind.

Und das wir miteinander kooperieren müssen ist unabdingbar, nachdem wir begriffen haben oder begriffen haben sollten, das keine Aktion nur lokal ist, sondern immer auch globale Auswirkungen hat, wie Mikroplastik in der Antarktis eindrücklich zeigt.

Auch hier haben wir es wieder mit dem Phänomen der Grösse zu tun. Aber zurück zum Thema. Die UN-Charta ist hier ein Anfang, geht aber bei Weitem nicht weit genug.

Die Souveränität und Selbstbestimmung aller Gemeinschaften, nicht nur von Mitgliedern und Völkern, könnte hier ein Anfang sein. Die Erweiterung auf alle Lebensformen ist im Bezug auf die Nahrungskette schwierig, aber nicht unlösbar. Mithin sogar notwendig, denn dieser ganze globale Lebensraum mit allen seinen Lebensformen sichert uns nur dann ein Überleben, wenn wir verantwortungs- und respektvoll damit umgehen und uns als Teil dessen, nicht als Besitzer, bar jeder Verantwortung, sehen.

Wenn wir uns als dominante Lebensform sehen, was wir de facto sind, womit noch nichts über die Eignung gesagt ist, dann geht damit auch eine dominante Verantwortung einher. Ob wir das wollen oder nicht.

Ausgehend von der Selbstbestimmung ist ein Gewaltverbot sicherlich sinnvoll, kann aber nur ideeler Natur sein. Beim Geisteszustand der aktuellen Primatenausprägungen menschlicher Natur scheint es nicht durchsetzbar, ausser man greift selbst zu Gewalt und treibt damit die Gewaltspirale noch an.

Für eine erfolgreiche Kooperation ist Kommunikation viel wesentlicher. Dies betrifft den Bereich Sprache, kulturelle Ausprägung und Interpretation, im Grossen und Ganzen den Punkt, den man als Diplomatie bezeichnet. Ich will fast schon sagen, bezeichnet hat, denn heute sehe ich Poser und Selbstdarsteller, aber weit und breit keine Diplomaten, obwohl sie unter diesem Titel auftreten oder eine entsprechende Funktion haben, die dies erfordert (Aussenminister z.B.).

Essentiell sind hier Bildung und kultureller Austausch. Wenig bis gar nicht hilfreich sind hier bis jetzt die Medien. Obwohl sie dies sein könnten. Auch hier ist es wieder eine Frage der Grösse und Reichweite.

All jene Gemeinschaften, die Presse einen verfasssungsrechtlichen Status einräumen, sollten sich genauestens überlegen, ob und wie sie dies weiterhin tun. Ebenso sollten sie überlegen, wie gross eine Medieninstitution werden darf und welche Reichweite sie maximal haben darf. Hier wäre vielleicht eine Propagandasteuer von 90% ein guter Anfang, sofern man nicht gleich Medieninstitutionen von der Gewinnerwirtschaftung und den damit zusammenhängenden Problemen ausschliesst.

Falls man natürlich das Modell Insektenstaat bevorzugt, dann ist ein zentrales Propagandainstrument durchaus nützlich. Dann sollten sich nach aktuellem Stand allerdings jene den Mund mit Seife auswaschen, die „freie Presse“ in den Mund nehmen, während sie keinen Finger für einen Julian Assange rühren, der im Gefängnis verrottet, weil er Staatsverbrechen öffentlich gemacht hat. Oder jene, die so Worte wie „Lumpenpazifisten“ erfinden, weil Volksverräter nicht mehr en vogue ist.

Wie wir sehen, taugen Medien nichts für eine neue Charta. Die Nutzung ist zu individuell mit den kulturellen Eigenheiten verbunden.

Wir hätten also

  • Die Achtung der Souveränität und Selbstbestimmung aller Gemeinschaften bei Gewaltverbot und Kommunikationsgebot.
  • Aktiver Austausch von Bildung und Kultur mit Propagandaverbot, welches sich aus dem ersten Punkt ableitet.

Mehr ist eigentlich nicht drin, wenn man das erste Gebot ernst nimmt. Verantwortlicher Umgang mit Ressourcen wäre zwar gut, ist aber eben auch eine kulturell zwiespältige Angelegenheit, man nehme nur den japanischen Walfang.

Propagandaverbot bedeutet, dass die ausgetauschte Bildung und Kultur einem ab dem Austausch nicht mehr gehört. Der Empfänger kann dies auf seine Weise in seine Organisationsstruktur einbetten und interpretieren, ohne dass man da noch ein Wörtchen mitreden kann. Natürlich kann die jeweilige Empfänger-Gemeinschaft damit auch Propaganda treiben, aber nicht die Sender-Gemeinschaft, der die Bildung und Kultur gehört hat. Der Verlust von „Eigentum“ impliziert auch den Verlust der Kontrolle über das „Eigentum“.

Das man den Begriff „Eigentum“ bei einer zutiefst diebischen Spezies, wie dem Menschen, finden kann, sagt einiges über den heutigen Primaten mit Aufkleber „Mensch“ aus.

Für Organisationsmodelle die sich eher am Insektenstaat anlehnen stellen diese beiden Punkte kaum ein Problem dar. Sobald die jeweilige Königin überzeugt ist, wird der Rest folgen.

Für die „repräsentativen Demokratien“ sieht die Sache etwas anders aus. Sie versuchen gerade das Modell Insektenstaat durch die Hintertür einzuführen, während sie das Modell Säugetierrudel vorgeben (jeder kann ein Millionär oder Star sein). Ob die massive geförderte Individualität sich hier nicht als Hemmschuh erweist, wird die Zeit zeigen.

Das die medialen Manipulationstechniken funktionieren ist spätestens seit Corona offensichtlich. Das war es aber bereits seit Leni Riefenstahl oder Luther und dem Buchdruck. Weniger offensichtlich ist, ob sie im wirtschaftlichen Westen auch auf Dauer funktionieren. Die Phasen der gesellschaftlichen Gleichschaltung in diesen Ländern waren immer wieder nur kurz und nie dauerhaft von Erfolg gekrönt.

Während Faschisten heute und damals im wirtschaftlichen Westen von einem tausendjährigen Reich träumen, ist das für Asien, insbesondere China, ein nicht zu leugnender Fakt. Mehrere tausend Jahre gesellschaftliche und kulturelle Entwicklungen wurden auch nicht durch Mao unterbrochen.

Er war nur eine exotische Form der Königin, eine, vielleicht notwendige, Katharsis eines Systems, dass durch Verkrustungen instabil wurde und diese Instabilität in den Opiumkriegen offenbarte. Es war vielleicht eine Revolution, aber keine Kulturrevolution. Das Unterste wurde zuoberst gekehrt und vice versa. Aber die Kultur, die Ausrichtung an einer Königin, hat sich dadurch keineswegs geändert. Man könnte sagen, Mao hat Konfuzius seinen Stempel aufgedrückt und das bestehende Modell erweitert, damit es kompatibel zur existierenden Welt ist und die neuen Herausforderungen meistern kann, ohne seine Identität zu verlieren.

Wenn wir also im sogenannten Werte-Westen weiter auf Demokratie setzen, auf Säugetierrudel statt Insektenstaat, sind einige Änderungen geboten, wenn man nicht als Heuchler und Paria in einer globalen Gesellschaft sein Schattendasein fristen will.

Es ist ja nicht so als ob Demokratie je bewiesen hätte, dass sie funktioniert. Selbst in Athen waren nur um die 20-40.000 Personen wahl- und stimmberechtigt. Die Frauen und Sklaven blieben aussen vor. Philosophen, die denkwürdige Sachverhalte aussprachen, bekamen den Schierlingsbecher. Kinder und Natur hatten kein Mitspracherecht. Wobei zu bedenken ist, dass Könige und Königinnen seinerzeit durchaus ein geringes Alter von 10-15 Jahren haben konnten. Zeugungsfähig hiess seinerseit noch, erwachsen zu sein.

Aber beide Systeme/Organisationsformen helfen uns nicht weiter, wenn wir die Aufgaben, die vor uns als Menschheit stehen, als globale Gesellschaft meistern wollen. Und damit meine ich nicht die von uns selbst verursachten Kriege, die nur die letztendliche Konsequenz unserer ausbeuterischen Gier sind. Und diese ist beiden Organisationsformen immanent.

Weil wir eben noch Primaten sind und uns als Mensch erst noch, in ferner Zukunft, würdig erweisen müssen. Falls wir soweit kommen.

Was also könnte eine Charta an Anreizen bereitstellen, die eine Entwicklung in Richtung Mensch und Menschlichkeit ermöglichen oder sogar beschleunigen?

Begrenzung von Wachstum wäre sicher eine brauchbare Empfehlung. Wir wissen aus der Physik, die für uns alle gilt, weswegen wir aufrecht über diesen Planeten wandern können, dass diese ab einer gewissen Menge einen Kipppunkt erreicht. Im Fall von Sonnenmassen ist das Ergebnis ein schwarzes Loch, die Masse kollabiert und kann dem Ereignishorizont nicht mehr entfliehen.

In der Physik ist dies, soweit wir wissen, ein unumkehrbarer Prozess. Im Fall von Lebenwesen sieht dies anders aus. Auch hier kollabiert die Masse, aber es gibt einen Neustart. Zudem kollabiert meines Erachtens immer die grössere Masse, auch wenn eine kleinere Masse den Ausschlag gibt.

Dazu brauchen wir nur das erste Auslöschungsereignis betrachten, das wir meinen zu kennen. Die Umwandlung der Atmossphäre durch die Produktion von Sauerstoff. Einem höchst aggressiven Gas, das ständig und gern mit allem reagiert. Wer rastet, der rostet, sozusagen.

Das vorherrschende Leben war zu dieser Zeit auf Schwefel als Basis angewiesen. Wir finden heute noch einige dieser Lebensformen an den rauchenden Schloten in der Tiefsee. Als die Masse der Lebewesen, die das Sonnenlicht aufspalteten, um Energie zu gewinnen und als Abfallprodukt Sauerstoff erzeugte, immer grösser wurde, hatte die ehemalige Bevölkerung der Erde dem nichts entgegenzusetzen und kollabierte. Nur entstand dabei kein schwarzes Loch (ausser wir bezeichnen die Auslöschung als solche), sondern nur eine neue Form der Organisation des Lebens.

Das Verfahren finden wir noch heute, zum Beispiel bei diversen Bäumen, die Blätter abwerfen, die ein Gift enthalten, dass den Boden sterilisiert und nur von diesem Typ Baum besiedelt werden kann, wie Buche oder Eukalyptus. Dies war schon das Erfolgsrezept des genuinen Planktons. Das Abfallprodukt der Energieerzeugung sterilisierte gleichzeitig die Umgebung und sorgte dafür, dass neues Leben auf dieser Basis geringeren Gefahren ausgesetzt war.

Eine Änderung dieser Basis, des Sauerstoffs, wäre nur für das aktuelle Leben fatal, wobei sich sicher auch hier Nischen finden lassen, aber es wäre nicht für das Leben an sich fatal.

Das heisst wiederum, dass die komplexe Organisation des Lebens, dass die gleiche Basis mit uns teilt (Sauerstoffverbrenner) für uns von entscheidender Wichtigkeit ist. Es ist ein sich selbsterhaltendes System, dass sich immer wieder neu einpegelt, aber seine Grenzen hat.

Als Beispiel sei hier Temperatur erwähnt. Der Temperaturkorridor für Sauerstoffverbrenner ist relativ eng, wir kennen zwar einige extremophile sauerstoffbasierte Lebensformen, aber im Grossen und Ganzen arbeiten Sauerstoffverbrenner nur in einem engen Temperaturbereich zuverlässig.

Auf Schwefel basierende Lebensformen arbeiten mit ganz anderen Temperaturbereichen.

Wenn wir das verstehen, dann sollten wir auch in der Lage sein zu erkennen, dass die Veränderung unserer eigenen Lebensbedingungen immer auch eine Veränderung des gesamten Systems und seiner Komplexität ist.

Indem wir das das Wachstum, als Empfehlung, versuchen zu begrenzen, schaffen wir für unsere komplexe Umgebung mehr Möglichkeiten, dass sie sich auf die neue Situation einpegeln kann. Und mehr Möglichkeiten, misslungene Experimente mit geringstmöglichem Aufwand und Auswirkungen zu revidieren.

Wenn man davon ausgeht, dass die Welt für Sauerstoffverbrenner noch ein Weilchen, in astronomischen Einheiten gerechnet, existiert, ist also durchaus ein konservativer (im alten Sinne von bewahrend) Ansatz angebracht.

Wenn wir uns daran erinnern, wie die Säugetier die Herrschaft (nicht wirklich, die wahren Herrscher, gemessen in Biomasse, sind sicher nicht die Säugetiere) über die Planeten erhalten haben, wie sie sich zu dominanten Ausprägungen entwickelt haben, dann kommen wir nicht umhin, die Tatsache zu berücksichtigen, dass singuläre Ereignisse, wie ein Kometeneinschlag, eine Kette von Vulkanausbrüchen, ein Atomkrieg, eine Supernova die zu nah ist, etc. ungewöhnliche bis extreme Massnahmen erfordert, die das Überleben sichert.

Wer Vögel sieht und nicht das Erbe in ihnen, sieht nur einen kleinen Teil der Welt. Singuläre Ereignisse sind meist förderlich für Lebewesen, die eher ein Schattendasein geführt haben und üben einen extremen Anpassungsdruck auf die aktuellen dominanten Spezies aus, sofern sie überleben.

Wenn wir also Mensch werden wollen, das Lebewesen, dass mit allen Bedingungen klarkommt, weil es zu keiner Bedingung passt (wir haben alles im Mittelmass, wir sind als Lebensform nicht spezialisiert, gute Augen aber nicht zu gut, gutes Gehör aber nicht zu gut, gutes Riechorgan aber nicht zu gut und so weiter und so fort …), dann müssen wir sowohl den konservativen, wie auch den progressiven, Ansatz verfolgen.

Wir sollten bereit sein für singuläre Ereignisse (an diesem Punkt würde ich Militär einen Sinn zumessen) wie auch für die Zeit dazwischen.

Da singuläre Ereignisse selten vorhersehbar sind, am Wenigsten der konkrete Zeitpunkt, ist ein progressiver Ansatz innerhalb einer Gemeinschaft solange ein Störfaktor, solange er nicht zu einer Verbesserung der Situation der Gemeinschaft entscheidend und nachhaltig beiträgt. Dummerweise ist dies meist nur bei singulären Ereignissen der Fall, weswegen wir wie verrückt singuläre Ereignisse mittels Krieg simulieren. Ein Teufelskreis.

Die einzige Möglichkeit, die ich hier sehe, die diesen Gegensätze vereinen könnte, wäre die Förderung von Vielfalt. Wobei es kein Widerspruch ist, wenn jeder Teil dieser Vielfalt in sich konservativ und „einfältig“ ist. Aber dies ist implizit schon im ersten Teil mit dem Bezug auf Souveränität und Selbstbestimmung aller Gemeinschaften enthalten. Es ist nicht notwendig, die Aussagen redundant zu machen. Das ist nur eine Form der Propaganda, wie ein Gebet, das man ständig wiederholt.

Wir würden jetzt also bei drei Geboten enden, einfacher als zehn Gebote, denn es gibt nur wenige Menschen, die sich nicht drei Sachen merken können.

  • Die Achtung der Souveränität und Selbstbestimmung aller Gemeinschaften bei Gewaltverbot und Kommunikationsgebot.
  • Aktiver Austausch von Bildung und Kultur mit Propagandaverbot für den Sender.
  • Empfehlung zur Einschränkung jegliches Wachstums, welches nicht mit bestehenden und rechtzeitig nachwachsenden/erneuerbaren Ressourcen der jeweiligen Gemeinschaft befriedigt werden kann.

In der grossen vereinheitlichten Theorie des Menschen hat es Jesus, war es die Bergpredigt, keine Ahnung, auf einen wesentlich kürzeren Punkt gebracht.

Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.

Wenn wir jetzt den Nächsten nicht so interpretieren, dass dies ein Mensch sein muss, dann werden wir auch allen anderen Lebensformen gerecht.

Das Blöde daran, wenn etwas ganz einfach scheint, ist, dass es dann erst richtig kompliziert wird.

Der Primat, der sich vermeintlich als Mensch wähnt, kann besser mit der Personalisierung umgehen. Dein Nächster, die meisten denken da an Familienmitglieder, nicht an die Person, die ihnen gegenüber steht. Und da fängt es erst an.

Also müssen wir zuallererst die Hürde zur Mitmenschlichkeit nehmen, bevor wir dies auf andere Lebensformen erweitern können.

Wir haben zweitausend Jahre vergeudet. Ich bin der Meinung wir sollten endlich damit anfangen. Es ist ja nicht so, und Jesus war da nicht der Einzige der in diese Richtung gedacht hat, falls jetzt religiöse Fanatiker jubeln sollten, als ob wir dies nicht schon länger wüssten.

Machen ist einfach krasser als wollen!

In diesem Sinne …

Heute wäre ein guter Tag damit anzufangen.

Interessante Einsichten

Kneipengespräche.

Hier und da, nebenbei belauscht, nebenbei kommentiert, nebenbei wahr genommen.

Absichtlich auseinander geschrieben, dieses, jenes, welches das man für WAHR annimmt. Wahr im Sinne der sinnlichen Erfahrung. Der Erfahrung die vor der Reflektion stattfindet.

Und ich weiss nicht! Nicht einmal annähernd … was ich davon halten soll.

Gesprächsfetzen, die ich meinte zu verstehen:

„Natürlich bin ich für Meinungsfreiheit“

„Selenskyj ist auch in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen“

„Ich bin Sozialistin“

Meine kleingeistigen Gedanken dazu in reziproker (inversiv nach in klingt blöd) Reihenfolge …

Wer behauptet Sozialist zu sein, sollte Marx kennen und verstehen, dass können sogar die meisten CEO’s.

Hitler ist, glaube ich, auch nicht gerade in begüterten Verhältnissen aufgewachsen. Sie hätten ihm erlauben sollen, Kunst zu studieren …

Ach ja, zu Meinungsfreiheit kamen noch Kommentare zu China und Russland, die ich wohlwollend übergehe. Nur in Betrachtung der kleinen Schweiz, St. Gallen um geographisch genau zu sein, dachte ich mir:

Ist ja schon komisch, auf SRF darf man nur noch wenige Artikel zeitbegrenzt kommentieren und viele von den nicht kommentierbaren Artikeln betreffen die Schweiz. Und da habe ich noch nicht Unsocial Media in den Blickpunkt genommen.

Wo man, je nach Fraktion, so schnell einen Shitstorm erntet, dass man entweder den Account kündigt oder dem jeweiligen Mainstream zujubelt.

Die, wie ich sie kennenlernen durfte, bayrisch-allgäuerische Meinungsfreiheit berief sich darauf, dass man sich am Stammtisch durchaus bös angegangen ist, dabei weiter die eine oder andere Runde gezahlt hat und, das erscheint mir wichtig, am nächsten Tag sich gefreut hat, die Person des Disputs zu sehen und mit ihr Gemeinsamkeiten zu haben, und wenn es nur die Gemeinsamkeit war, dass wir uns nicht verstehen, aber mögen.

Aus meiner Sicht ist in der derzeitigen „westlichen Welt“, wie man es so nennt, Meinungsfreiheit kein hohes Gut mehr.

Es fing an mit Corona (oh Mist, diverse wissentschaftlich motivierte Kritiker hatten tatsächlich Recht, aber wir haben sie entsorgt, mit denen will keiner mehr reden), der angeblichen Pandemie, in der ich irgendwie die Leichen auf den Strassen vermisst habe.

Die Alten, die sich nicht mal mehr verabschieden konnten, die zwangsweise isoliert wurden, ohne Grund und Not (verdammt noch mal, ich bin alt und ich will selbst entscheiden, ob ich das Risiko eingehe – denn wenn mein Enkel mich vielleicht ansteckt und umbringt, habe ich ihn immer noch gesehen und eine letzte schöne Zeit mit ihm oder ihr oder es gehabt) die Meinungen, die diffamiert wurden, die „Faktenfinder“ die einordnen (eine Demokratie erfordert mündige Bürger, wenn ich „einordne“ bin ich nur ein weiterer Priester einer weiteren Religion, als Journalist präsentiere ich Fakten, die ich kenne, nicht zwangsläufig vollständig, und überlasse die Meinungsbildung dem informierten Bürgern. Ich sage nicht, wie die Fakten, die ich kenne, mir meines Bias bewusst, zu interpretieren sind, der Unterschied zwischen Propaganda und Journalismus) und und und …

Ach ja, wie geht es Julian? Dem Assange, meine ich? Der unliebsame Fakten veröffentlicht hat. Und schlimmere Haftbedingungen hat als jeder beliebige Serienmörder (Politiker natürlich ausgeschlossen, wer will schon Verantwortung für seine Taten übernehmen in diesen Zeiten?).

Schon interessant, wie der verfassungsmässig und gesetzlich geschützte „Journalismus“ darauf reagiert hat. Mehr mag ich nicht zur Meinungsfreiheit sagen, ausser vielleicht den Umstand zu erwähnen, dass die Chinesen sich genau angeschaut haben, wie man das in Bayern macht.

Viel Spass und danke für den Fisch, möchte man meinen …

Moral und Zivilisation im 21ten Jahrhundert

Disclaimer: Dies sind meine empirischen Erkenntnisse. Ich freue mich über jeden wissenschaftlich fundierten Gegenbeweis. Fundiert bedeutet Doppelblindstudie und Samplegrösse > 1000 (mindestens, es ist ein gesellschaftliches Verhalten, kein spezifiziertes Einzelverhalten).

Das Einfache zuerst:

Wir haben keine Moral und Zivilisation erst recht nicht! Denn wir schweigen, wenn wir reden sollten.

Ich versuche das mal nachfolgend zu erläutern. Das hängt leider von Erfahrung und Erkenntnis ab, die ich bewusst und unbewusst voraussetze.

Einfaches Erkenntnis-Beispiel: Ich habe es geschafft, die Hecke zu Nachbars Garten zu überwinden um die reifen Äpfel, die ich sah, zu klauen. Als ich auf Nachbars Grundstück bin, erkenne ich die Hunde, die auf mich zurasen, die Hecke zum anderen Nachbarn, die noch höher ist, als die Hecke zwischen uns und die Schwierigkeit alles wieder so zu sehen, wie es vorher schien.

Erkenntnis ist ein unumkehrbarer Prozess. Daher gilt aus meiner Sicht:

Moral wird dann zum zivilisatorischen Gut, wenn sie geäussert wird und diskutiert werden kann.

Wenn sie mit Waffengewalt durchgesetzt wird, ist es keine Moral mehr, sondern ein zwingendes Normativ, dem man sich nur mit Todesgefahr entgegenstellen kann. Was immer noch sinnvoll ist, aber nicht von jedem erwartet werden kann.

Zum Wohle des eigenen Lebens oder des Lebens der Kinder geht man oft Kompromisse ein, die moralisch (in Bezug auf die eigene Moral) verwerflich sind.

Macchiavelli befand es, um es beschönigend zu sagen, als unintelligent, sich ohne entsprechende Macht gegen die herrschenden Realitäten zu stellen.

Das heisst im Umkehrschluss, alles was strafbewehrt und machtmässig (Staaten, Unternehmen …) sanktionierbar ist, sollte tunlichst unterlassen werden, wenn man nicht die notwendigen Armeen hat.

Dummerweise gehen wir, wie immer, viel weiter. Vorauseilender Gehorsam könnte man freundlich sagen. So tief in den Arsch des Mächtigeren kriechen wie möglich, scheint allerdings etwas exakter zu sein.

Wes‘ Brot ich ess, des‘ Lied ich sing.

„Blockwart“ mag in der Zeit zwischen dem 19ten und 21ten Jahrhundert noch ein Begriff sein, der diese Eigenschaften subsummiert.

Aber gehen wir zurück zum Primaten, zu unserem Wesen.

Wenn ein beliebiger Primat von anderen immer wieder darauf hingewiesen wird (die einzige Sanktion ist der Hinweis und die persönliche Hilfsbereitschaft für das hingewiesene Subjekt, nicht mehr, nicht weniger), dass das Verhalten gesellschaftlich unakzeptabel sei, dann gibt es mindestens folgende Entwicklungsmöglichkeiten, mit all den Graubereichen zwischen den Extremen:

Der Primat stellt dieses Verhalten ein oder der Primat sorgt dafür, dass es keine Zeugen für dieses Verhalten gibt (oder beides Schnittpunkt schwarz/weiss). Die unwahrscheinliche Variante (Ausnahme, die die Regel bestätigt) ist der Fall, dass der beliebige Primat dies kontinuierlich ignoriert. Falls er noch clever ist (unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich, wie die Geschichte zeigt), begnügt er sich nicht mit Ignorieren, sondern gründet eine „Religion“, die es im ermöglicht, seine Verhaltensweise als Standard anzusehen.

Hinweis und Bereitschaft zur Hilfe sind unabdingbar miteinander verbunden, wenn nicht die Ausnahme zur Regel werden soll.

Denn wenn sich durch den Hinweis nichts ändert für den beliebigen Primaten, wird er/sie/es dies als Aufforderung auffassen, mit dem kritisierten Tun so fortzufahren.

Eine aggressive Durchsetzung der eigenen Moral mit Gewalt (physisch wie psychisch) wird hingegen in den meisten Fällen den beliebigen Primaten in seinem Widerspruchsgeist stärken, also kontraproduktives Verhalten produzieren oder zu einer Schwachstelle in den persönlichen Beziehungen werden (Warten auf die Gelegenheit zur Rache).

Man kann die fehlende Bereitschaft zur Hilfe als aggressiven Akt werten, aber es bleibt ein passiv aggressiver Akt.

Da der beliebige Primat ohne Gemeinschaft nicht überlebensfähig ist, egal ob wir als Rudel oder Ameisenstaat organisiert sind, ist die naheliegende Reaktion, mit entsprechend zeitlicher Verzögerung (der Mensch lernt langsam, wenn überhaupt), der Versuch des beliebigen Primaten sich, innerhalb des Graubereichs und der eigenen Erkenntnisfähigkeiten, an die Gemeinschaft anzupassen.

Fehlt der Hinweis oder die passive gesellschaftliche Sanktionierung, dann wird der beliebige Primat beliebig lange mit seinem Verhalten fortfahren. Er wird sogar versuchen, diese Verhalten auszuweiten. Um die Grenzen zu erkennen.

Denn ein Primat, der die Grenzen seines Überlebens nicht kennt, überlebt in der Regel nicht lange. Deswegen testen alle Primaten und auch alle Säugetiere, möglicherweise alles Leben, die Grenzen des Systems, in dem sie sich befinden.

Man kann das gut an Kindern sehen. Gib ihnen ein Verbot und beobachte sie bei den vielfältigen Versuchen, dieses Verbot zu umgehen, idealerweise ohne es zu brechen (ist wahrscheinlich der einzige Ansatz von Intelligenz, den wir bis jetzt vielfältig bewiesen haben).

Dies ist vielleicht auch das einzige Alleinstellungsmerkmal des Homo Möchtegern-Sapiens, Ganz-Weit-Weg-Von-Sapiensis:

Dass wir zu dem Mittel greifen, die Umwelt bewusst und massiv zu verändern, um eine erkannte Grenze zu umgehen.

Die meisten Lebensformen wählen einen langsameren Weg und respektieren erkannte Grenzen für das Erste. Was nicht heisst, alle Versuche der Umgehung einzustellen. Wenn es anders wäre, wäre es kein Leben.

Der Hinweis, als Grenze, ist eine aggressive Reaktion, da brauchen wir nichts beschönigen. Die Durchsetzung des Hinweises mit Gewalt ist aber ein davon abgelöstes Thema. Durchaus üblich bei beliebigen Primaten. Aber selten zielführend, ausser das es eine herrschende Rangordnung bestätigt oder über den Haufen wirft.

Zivilisation, der Weg dahin, aus meiner Sicht, ist der Hinweis mit passiv agressiver Sanktionierung (zukünftig fehlende Hilfsbereitschaft, Hilfe kostet einfach mehr und ist nicht für Verständnis der Situation zu haben):

Es gibt keinen äusseren Zwang, nur den Zwang der inneren Erkenntnis. Und Erkenntnisfähigkeit ist ein Grundpfeiler von Zivilisation, wie ich sie verstehe.

Ansonsten wären wir nur das gerade mächtigste Rudel von Idioten auf diesem Planeten.

Möglicherweise ist auch Zivilisation als Begriff irreführend, abgeleitet von civis, dem römischen Bürger, verallgemeinert zu Bürger. Teil einer grösseren Interessengemeinschaft. Nicht mehr zwingend römisch, aber immer noch zwingend menschlich.

Um es anders zu sagen, jedes Tier, jede Pflanze, jeder Mensch, jedes Leben ist Teil der Lebensgemeinschaft auf diesem Planeten. Der endlich ist, egal ob Scheibe oder Kugel (sorry, meinen Sarkasmus mag ich nur bedingt kontrollieren).

Bürger dieser Lebensgemeinschaft zu sein ist für mich Zivilisation. Das heisst jetzt nicht, dass ich mich nicht mehr von anderen Bürgern dieser Lebensgemeinschaft ernähren darf. Das macht alles Leben. Bloss weil die Pflanzen die Energie aus der Sonne beziehen und dem organischem Humus der Hinterbliebenen, sind sie keinen Deut besser. Alles Leben bezieht Energie von anderem Sein.

Das ist weder gut noch böse. Es ist einfach so. Ein unabdingbarer, physikalisch erklärbarer, Wesenszug dieses Universums und des Lebens, das wir kennen. Ohne Energie ist die Party sofort vorbei. Für die Schlaumeier: Zeige mir ein funktionierendes Perpetuum Mobile.

Im Idealfall ist es ein ausgeglichenes Geben und Nehmen. Der Zielpunkt dessen, was ich unter Zivilisation verstehe.

Zurück zum Thema. Moral, nach menschlichen Massstäben, ist im Wesentlichen die Ausformung einer emotionalen Einstellung, die einem sagt, wie es, subjektiv, richtig wäre. Was das korrekte Verhalten in einer bestimmten Situation erwartungsgemäss wäre.

Moral sagt primär nichts darüber, ob derjenige, der den Moralgrundsatz ins Spiel bringt, sich auch an die entsprechenden Grundsätze hält.

Aktuell („zivilisatorisch“) ist Moral die Durchsetzung von Glaubensgrundsätzen, für die eine Mehrheit requiriert werden konnte. Die Methoden dafür sind unterschiedlich. Die Moral ist unterschiedlich.

Bis zur Corona-Krise war Moral ab ungefähr 1990, gesellschaftlich gesehen, nicht mehr existent. Es gab keinen common sense, wie der Engländer sagen würde. Jeder möge nach seiner Auffassung glücklich werden. Solange ich nicht direkt betroffen bin, halte ich mich raus. Zurückgezogen auf die westlich geprägte Egozentrik.

Lebst du schon oder machst du noch Selfies, könnte man überspitzt dazu sagen.

Mal ein konkretes Beispiel. Nehmen wir die Schweiz, die gerade in den 90ern von Resteuropa oder 80ern der USA ankommt. Es gab da einen netten Film zur Einwanderungsproblematik: Un franco, 14 pesetas.

In diesem Film gibt es eine wunderbare Hinweis-Stelle. Gesellschaftlicher common sense. Der Spanier wirft im Zug seinen Abfall, wie gewohnt, auf den Boden (die besten Kneipen in Spanien findet man, in dem man auf den Boden schaut, wo es sauber ist, da ist nichts los). Eine alte Schweizerin bemerkt dies. Erhebt sich und wirft den Abfall in den dafür vorgesehenen Abfallkübel. Ihre Körpersprache macht klar, dass dies kein gesellschaftlich toleriertes Verhalten ist. Gleichzeitig zeigt sie wie man es richtig macht. Und ballt, wie es beim diplomatischen Schweizer so oft der Fall ist, die Faust im Sack. Ohne unfreundlich zu werden. Passiv aggressiv halt.

Nur zur Klarstellung. Heutzutage wird man dieses Verhalten nur noch in abgelegenen Orten der Schweiz finden, nicht in den verstädterten Bezirken. Hier herrscht, wie überall in der sogenannten „westlichen“ Welt, das Prinzip der absoluten Nichteinmischung. Mach du dein Ding, ich mach mein Ding, solange es nicht mich betrifft, ist es mir egal.

Oder, wie man in Bayern, auf deutsch übersetzt, sagt: Nicht weiter denken, als eine Sau hüpfen kann.

Denn wenn man sich nicht mehr der Abhängigkeiten bewusst ist, der Gemeinschaft, die man benötigt, um überhaupt asozial zu werden (mein Strom kommt aus der Steckdose, was brauch ich Infrastruktur, der Supermarkt um die Ecke hat alles was ich brauche, warum sollte ich mit dir reden …), dann ist die „Gemeinschaft“ am Ende. Die Zivilisation erst recht.

Klar, dieses westliche System ist bestrebt, uns vergessen zu machen. Uns in einen exklusiven Konsumkokon einzuweben und dann zu melken. Das einfache Leben. Energie finden und nutzen. Primär egozentrisch (Was kann man wahrnehmen?).

Der alte Primat halt. Den es in den Zustand der Zivilisation zu überführen gilt. Allerdings nur, falls man sich das sapiens zum homo verdienen will.

Dummerweise gibt es kein Zurück. Der Zeitstrahl ist da eindeutig. Nicht so, wie Fish in einem Song sagte “ … it’s like dancing, one step forward, two steps behind …„. Wenn es so wäre, wären wir längst wieder auf den Bäumen oder in Erdhöhlen.

Es sind eher drei Schritte vorwärts, zwei Schritte zurück. Wenn man unser zivilisatorisches Entwicklungstempo beschreiben will.

Obwohl mich die aktuellen Entwicklungen fast davon überzeugen, dass Fish aktuell Recht hat.

„Warte, warte nur ein Weilchen, dann komm ich mit dem Hackebeilchen“ war höchstwahrscheinlich die Basis für Occam’s razor.

Okay, okay, zurück zum Punkt. Zivilisation und Moral, nicht war?

Zivilisation ist ohne Moral nicht machbar. Punkt.

Welche Moral ist eine Frage, die sich die jeweilige Zivilisation anhand ihres Bewusstseins und ihrer Wahrnehmung stellen muss. Dies ist eine höchst veränderliche Variable, die nicht NULL sein darf.

Seit 1990 bis zur Corona-Krise hatte dies Variable den Wert NULL, Nichts.

Weswegen es keine Zivilisation mehr gibt. Jeder ist sich selbst der Nächste.

Es gelten (immer noch) keine gemeinsam freiwillig akzeptierten und als sinnvoll empfundenen Regeln, ausser sie werden mit Gewalt umgesetzt (zwingendes Normativ). Ich rede von Masse, nicht von den Einzelfällen, die sicher jeder kennt. Wenn auch nur vom Hören-Sagen, meistens.

Sicher, wir haben „Faktenchecker“ für „mündige“ Bürger. Also so wie im Mittelalter, auf der Kanzlei wird vorgelesen, man betet nach. Oder Verbot und Zensur von Propaganda. Also Propaganda, die nicht der unseren entspricht. In einem System, dass sich für Meinungsfreiheit und viele andere Sachen rühmt, aber den Ruhm noch nicht im Ansatz Wert ist.

Kriegshetze ist auch wieder en vogue. Ohne hinterfragt zu werden. Oder hinterfragt werden zu können. Foren sind geschlossen oder zensiert-moderiert. Meinungen sind nicht gefragt. Erst recht nicht, wenn sie abweichend sind. Riecht alles ein bisschen nach Inquisition. Na klar, auch mein Diskussionforum ist geschlossen, da ein Privatperson das finanzielle und gesellschaftliche Riskio gar nicht mehr stemmen kann.

Aber wir haben wieder eine Moral. Medial erzeugt und hollywood-geprägt. Doch es gibt eine Moral für die sich eine Mehrheit hat requirieren lassen. Wer will schon so genau wissen, welche Methoden verwendet wurden?

Jetzt, liebe Mitlebewesen, wird es schwierig. Zivilisation, sagte ich, ist nicht ohne Moral möglich. Ja, genau. Aber nicht jede Moral ist der Zivilisation zuträglich. Blöd jetzt, gell?

Insbesondere, weil ich euch nicht sagen kann, WELCHE Moral die Richtige ist oder wäre. Hängt sicher auch vom Zeitpunkt und den Umständen ab.

Zudem ist eine indoktrinierte, konditionierte Moral, historisch gesehen, durchaus berechtigt. Die meisten Religionen haben sich der Hygiene schuldig gemacht, um es so zu sagen. Wenn die Deppen sich nicht aus rationalen Gründen waschen, dann sorge mit entsprechenden Ritualen dafür … die stark gläubigen Idioten werden sich wie blöd waschen und daher eher überleben als die anderen …

Somit kommen wir zum Kernpunkt der Moral:

Die Überlebensfähigkeit der Gemeinschaft bestmöglich sicherzustellen.

Um zur Zivilisation ohne Einschränkung auf römische Bürger zu kommen, muss die Lebensgemeinschaft auf alles Leben ausgedehnt werden.

Hier ist der weite Bogen, den ich gespannt habe, zu Ende:

Um Zivilisation zu erreichen, benötigen wir eine Moral die gemeinschaftlich verankert ist und gelebt wird. Und wir brauchen ein neues Verständnis von Lebensgemeinschaft, das nicht homo-zentriert* ist.

Vom ersten Punkt sind wir weit entfernt, auch wenn die faktische Kraft des Normativen eine Moral erzwingt, die mehr als veraltet ist.

Vom zweiten Punkt sind wir noch viel weiter entfernt, da wir mittels Rassen/Ethnien, sexuellen Vorlieben und sonstigen Kriterien noch nicht einmal den homo-zentrierten Ansatz diskutieren können.

Schlaft gut.

Solange ihr noch könnt …

*homo-zentriert könnte von der homophoben Gemeinschaft (tu nicht so schwul …) falsch verstanden werden. homo ist lateinisch und bedeutet Mensch. Also mensch-zentriert. Alles klar?