Philosophie – die faule Schwester der Kunst?

Kannst du dir vorstellen, dass du einen Film siehst, bei dem Menschen in Konflikt mit einer anderen Gattung sind und du bist die ganze Zeit begeistert, wenn wieder ein Mensch stirbt? Hoffst sogar darauf? Während du traurig und entsetzt bist, wenn einer stirbt, der nicht zu deiner Gattung gehört?

Kannst du dir vorstellen, jemand sticht die Nadel in eine Gummihand und du empfindest den Schmerz, als ob er dir zugefügt wurde?

Nein? Dann wurdest du noch nicht mit der Macht der Bilder konfrontiert.

Seit den alten Griechen hat die Philosophie sich auf die Sprache fokussiert. War ja Sprache das einzige brauchbare Werkzeug, um die Bilder im Geist zu beschreiben und mit anderen zu teilen.

Und das war auch lange Zeit richtig, Bilder spielten kaum eine Rolle. Doch spätestens seit der Zeit, in der man sich mit Abbildungen Gottes und Jesus beschäftigt hat, hätte ja mal einer der Philosophen aufwachen können und bemerken, dass es jetzt Bilder gibt, die ohne Worte wirken.

Und was macht man? Gehört zur Kunst, interessiert uns nicht oder nur am Rande. Welch grandioser Fehler, welch Versagen auf der ganzen Linie!

Ihr ureigenstes Werkzeug, das Bild, zu dem Bild in ihrem Kopf, mühsam mit Sprache beschrieben und seziert, liegt offen vor den Philosophen dar und sie erkennen es nicht? Ignorieren es sogar? Ein Bild sagt mehr als tausend Worte und den Philosophen fällt nix anderes ein als zweitausend Worte?

Als diese Bilder dann auch noch Laufen und Sprechen lernten, wo waren da die Philosophen. Unvorbereitet, aber wenigstens überrascht, keuchend, ob der Ungeheuerlichkeit der Weiterungen, etwa zuhause im Sessel, draussen auf der Strasse oder doch weiter in ihrem Elfenbeinturm der Sprache?

Diese Ignoranz hat dazu geführt, dass eine Leni Riefenstahl so überraschend erfolgreich war, dass Disney immer noch so erfolgreich ist und Hollywood gleichermassen. Denn es gab niemanden, der auch nur ansatzweise dagegen gehalten hätte, eine kritische Position entwickelt hätte, die in der Öffentlichkeit diskutiert wurde. Denn wenige Philosophen hatte überhaupt eine Ahnung, was Bilder bewirken können. Insbesondere im Verbund mit Worten. Auch etwas seltsam, von der Macht der Worte war man ja gleichwohl überzeugt.

Vor allem, man zog nicht gleich. Schuster bleib bei deinen Leisten, wir schreiben weiter Bücher. Filme machen? Das ist was für Avantgardisten und Profiteure. Die Philosophie an sich? Zu faul, soll doch die Kunst mal machen.

Regisseure und Medienkritiker müssen sich mehrheitlich darum kümmern, was eigentlich ein fruchtbarer philosophischer Acker gewesen wäre. Denn nehmen wir nur mal die Problematik der Erkenntnis. Wie erkenne ich die Welt? Wie erkenne ich, dass das Abbild der Welt, das ich mir mache, wirklich mit dem korreliert, was da draussen ist? Wie weiss ich, was real ist und was nicht? Wie kann ich es überprüfen?

Ureigenste Fragen der Philosophie. Und Bilder, insbesondere Filme geben ganz neue Antworten darauf. Der Käfig des Buches und der eigenen Phantasie wird verlassen, überlagert von der Bildern der Phantasie eines anderen.

So haben Langzeit-Studien gezeigt, dass Kinder, die z.B. Naturfilme mit Delphinen im Alter von 3 Jahren gesehen haben, diese Bilder in späteren Jahren als reale Ereignisse darstellen. Sie haben es gesehen, sie sind dabei gewesen!

Ebenso gibt es Untersuchungen über optische Täuschungen, die bereits erwähnte Gummihand, die sich optisch an der Position befindet, an der die normale Hand sein sollte, bei denen Schmerz empfunden wird, der einem Gegenstand und nicht dem eigenen Körper zugefügt wird.

Und um zum ersten Beispiel zu kommen, jeder überzeuge sich selbst und schaue sich den Film Planet der Affen: Survival an. In Nullkommanichts befindet man sich in der Position, dass man mit den Affen sympathisiert und sich über jeden getöteten Menschen freut. Obwohl das Setting einigermassen dramatisch ist. Der Fortbestand der Menschheit ist bedroht, eine Affengrippe macht zudem Menschen zu hirnlosen Tieren, wenn sie nicht gleich daran sterben.

Wobei der Film, nebenbei erwähnt, noch ein glänzender Parcours-Ritt über Manipulationstechniken und Stimmungsbeeinflussung ist. Die logische Konsistenz der Geschichte ist dabei Nebensache. Die emotionale Konsistenz muss gewahrt bleiben um den Zuschauer dazu zu bringen, sich mit einer anderen Gattung zu identifizieren und den Wunsch zu haben, die eigene Gattung mit Genuss auszulöschen.

Was sagt uns das aber über unsere Erkenntnisfähigkeit?

  • Wir sind nicht in der Lage unseren ureigenen Körper zu erkennen, wenn wir optisch getäuscht werden.
  • Wir sind nicht in der Lage unseren Selbsterhaltungstrieb aufrecht zu erhalten, wenn wir optisch-akustisch-narrativ getäuscht werden.
  • Wir sind noch nicht einmal in der Lage optische Erinnerungen in Bezug auf ihre tatsächliche Realität abzugleichen.

D.h. die ganzen tollen logischen Sprachgebäude, die errichtet wurden, um Sprache und damit unser Sein besser analysieren und beleuchten zu können, sind das Papier nicht wert. Sie beweisen rein gar nichts, da sie auf Treibsand, auf volatilen Begriffen, aufgebaut sind. In sich logische Zirkelschlüsse, mehr nicht.

Wenn wir nicht zwischen unserem Körper und körperfremden Objekten unterscheiden können, wenn wir quasi unsere Empathie auf andere Objekte ausdehnen können, dann können wir auch kein Annäherung an eine objektive externe Realität erreichen. Zudem wird damit so mancher Science Fiction Roman wahrscheinlich, bei denen Menschen daran sterben, dass sie in einer virtuellen Welt dem Narrativ ausgesetzt sind, eine tödliche Verletzung erlitten zu haben.

Wenn wir innerhalb einer halben Stunde, mehr braucht der Film nicht, dazu gebracht werden können unsere eigene Art als etwas zutiefst Schlechtes und Böses anzusehen und uns über jeden Tod quasi freuen, den einer der unsrigen erleidet, dann haben wir neben dem Problem, den eigenen Körper richtig wahrzunehmen, noch das Problem unsere ureigensten Interessen beschützen zu können.

Wenn wir dann noch bei jeder beliebigen Erinnerung unsicher sein müssen, ob die Kategorie Realität für diese Erinnerung auch zutrifft, dann haben wir eine recht fatale Situation.

Wir wissen nicht nur, dass wir nichts wissen. Wir müssen auch annehmen, dass unser ganzes Weltgebäude im Hirn nur eine Schimäre ist. Eine selbstgemalte und selbst ausgeschmückte Geschichte des eigenen Lebens, in der tatsächliche Bezüge zur Realität gleichsam nur zufällig, wenn überhaupt, vorkommen.

Und wir müssen das, konsequent weitergedacht, eigentlich auf jeden Menschen anwenden. Auch auf alte und neue Philosophen. Da kommt erst recht keine Freude auf. Denn nichts ist sicher, soviel ist schon mal sicher.

Und, zu guter Letzt, dass war alles nur eine Gute-Nacht-Geschichte. Kein Wort davon stimmt und jedes Wort ist wahr. Ich erinnere mich genau.

Philosophie – die traurige Schwester des Glaubens?

Wenn man sich die Geschichte der Philosophie so anschaut, zumindest das, was wir rekonstruieren können und allgemein glauben, so liegt der Schluss nicht fern, dass Philosophie in vielen Fällen, möglicherweise in allen, nur dazu diente, einem entsprechend charismatischem Menschen das Rüstzeug an die Hand zu geben, eine Religion zu gründen oder zu rechtfertigen. Selbst die Naturwissenschaften, die ebenfalls aus der Philosophie hervorgegangen sind, stellen vielleicht nichts anderes als einen Glauben dar.

Und in all meinen Sätzen, die ich bereits bis jetzt geäussert habe, sind schon soviel Implikationen enthalten, dass auch diese oder gegebenenfalls ein Verständnis dieser Worte reiner Glauben ist.

Versuchen wir also, soweit wie möglich von vorne zu beginnen. Und schon da wird es schwierig. Selbst in meinem eigene Leben kann ich nicht so weit zurückgehen, wie ich gerne wöllte. Und alles was ich meine zu wissen, spielt sich nur in meinem Kopf ab und ist ein Glaube meinerseits.

Wir befinden uns also schon mittendrin im Reich der Mythen und Legenden. Selbst wenn wir von gestern erzählen. Wie kam es dazu, mag man fragen und ich kann antworten, frei von der Leber weg, ich weiss es nicht. Aber ich hätte da so ein paar Vermutungen.

Nehmen wir einfach einmal an, die bisherigen Erkenntnisse über Evolution wären nicht grundlegend falsch. Was wäre dann, wenn unsere Intelligenz und unsere Sprache einfach nur das folgerichtige Produkt einer zunehmend komplexer werdenden Sozialgemeinschaft ist. Ein Actio-Reactio auf die Umstände des Seins. Und die Gründe, warum wir ständig nach dem Warum und Wie und Wo fragen, einfach darin liegen, dass dieses Verständnis in einer komplexeren Sozialgemeinschaft elementar notwendig ist, um zu überleben.

Wir kennen aus der Natur auch Sozialgemeinschaften, die dieses Problem auf andere Weise gelöst haben, man nehme hier beispielsweise die staatenbildenden Insekten. Eine starre Funktionszuordnung, nicht mittels genetischer Disposition, sondern gemäss entsprechender Nahrung und Pflege, die eine genetische Disposition auslöst, welche den verschiedenen zukünftigen Staatsbürgern zur Verfügung gestellt  wird. Wie man sieht, ist auch dieses Modell bis jetzt erfolgreich.

Wenn wir dies mit Herden und Gruppen aus dem Bereich der Säugetiere vergleichen, so bestimmt hier ein Bild die übliche Verfahrensweise. Es gibt ein Alphatier und es wird um diese Position konkurriert. Es gibt abgegrenzte Zeiträume für jedes Verhalten. Konkurrenzkämpfe sind letztendlich auf die Brunft beschränkt. Nun versuchen wir gedanklich die Brücke zum Menschen zu schlagen. Immer brünftig, immer empfängnisbereit.

Es braucht nicht viel, um zu erkennen, dass es keine Lösung gewesen wäre, wenn die Menschen sich nur noch um Konkurrenzkampf und Begattung gekümmert hätten. Sie wären verhungert und längst ausgestorben. Stattdessen haben die Menschen den Glauben an den Grund erfunden. Eine sehr clevere Taktik der Evolution um Herrschaftsansprüche einerseits zu rechtfertigen und auszufechten. Andererseits aber die Brunft zu entschleunigen, sie zu befreien vom ständigen Kampf, der ja nur an den Ressourcen der Gruppe zerrt und dem Überleben eher im Weg steht. Zumindest, wenn dieser Kampf dauernd stattfindet.

Und sollten wir diese Geschichte bis dahin für bare Münze nehmen oder für wahrscheinlich halten, dann können wir jetzt einen Schritt weiter gehen, wie jener Mann, der vorher noch am Abgrund stand.

Nicht erst seit es die Philosophen gibt, fragt sich der Mensch, wer bin ich und warum? Oder auch, mit Precht, und wieviele bin ich eigentlich? Den Beweis kann jeder erbringen, der nicht Philosoph ist und sich trotzdem diese Fragen gestellt hat. Zumindest eine Frage kennt wahrscheinlich jeder Mensch: Warum ich?

Nehmen wir einfach mal an, dass die Frage nach dem Grund eine existentielle Frage in einer komplexen Sozialgemeinschaft ist. Eine Frage, deren Antwort bestimmt, ob ich in dieser Gemeinschaft a) eine Überlebenschance habe und b) eine Möglichkeit habe, im Konkurrenzkampf der Gene, sowie um Nahrung Erfolg zu haben. Eine sehr essentielle Frage mithin.

So essentiell, dass sich wieder und wieder Menschen darüber Gedanken gemacht und versucht haben, Erkenntnis zu gelangen. Berücksichtigen wir ebenso, dass man sich ohne Sprache keine Gedanken in der Tiefe machen könnte, wie wir das als Menschen betreiben. Dabei meine ich vor allem den Austausch.

Es lässt sich wohl denken, dass auch jene, die nicht über Sprache verfügen, eine komplexe Innensicht haben, die ihnen hilft, die Welt um sie herum zu verstehen und richtig zu interpretieren. Richtig heisst in diesem Fall schlicht, ich überlebe, dann war es richtig oder ich überlebe nicht, dann habe ich keine Sorgen mehr. Eine komplexe Gemeinschaft geht hier jedoch einen Schritt weiter, nicht jeder Fehler führt sofort zum Tod. Ganz im Gegenteil, Fehler werden abgefedert, dienen als Material zum Lernen.

Unsere komplexe Sprache ermöglicht den Austausch von Gedanken und Bildern der eigenen Innenwelt mit den Innenwelten von anderen. Auch Tiere, was viele oft vergessen, kennen Sprache. Sie besteht in Lautäusserungen genauso wie in Verhaltensmustern und dient ebenfalls dazu, mit der Aussenwelt zu kommunizieren. Das gelingt nicht immer, wenn wir an verschiedene Arten denken, die bestimmte Verhaltensmuster unterschiedlich belegt haben. Man denke nur an Hunde die mit dem Schwanz wedeln und Katzen, die den Schwanz hin- und her zucken lassen, was nicht das Gleiche bedeutet.

Und wie wir auch an diesem Beispiel sehen, ist es wichtig für eine Gruppe, die gleiche Sprache zu sprechen. Nicht nur der Turmbau zu Babel schildert die verheerenden Folgen von permanenten oder zu vielen Missverständnissen. Insofern ist es nicht nur evident, sondern absolut notwendig, nach Möglichkeiten zu suchen, Sprache genauer zu bestimmen. Je mehr Wörter oder Begriffe existieren, desto wichtiger wird dieses Anliegen. Und wenn man über Sprache und Begriffe nachdenkt, dann kommt man leicht in Teufel’s Küche. Denn irgendwann kommt man zwangsläufig zu dem Punkt, an dem man erkennen muss, dass jedes Wort, jeder Begriff, nicht in sich aussagekräftig ist, sondern nur dadurch, dass wir ihn mit anderen teilen.

Doch da wird es dann schwierig. Nehmen wir das Wort Baum. Die meisten können sich sicher darauf einigen, was ein Baum ist und wie er ungefähr aussieht. Zumindest, solange sie nicht Botaniker sind und sich darüber streiten können, ob dies nun ein Baum oder ein Busch ist. Doch wenn wir genauer nachforschen, so werden wir unweigerlich feststellen, dass jede Person ein eigenes Bild von einem Baum hat. Gleichsam eine stilisierte Vorlage, was Platon wohl seinerzeit angeregt haben mag. Und diese stilisierten Vorlagen sind keinesfalls gleich.

Der eine mag sich unter einem Baum etwas in der Form einer schlanken Birke, einer Tanne, einer Weide, einer stämmigen Eiche oder sonst irgendwie vorstellen, aber alle werden sich einig sind (bis auf die Botaniker), was unter einem Baum zu verstehen ist. Und damit haben wir noch gar nicht die Situation der Blinden und ihr Bild von einem Baum betrachtet. Bei Sehenden kann man auf das Objekt zeigen, bei Blinden muss man das Objekt anders wahrnehmen, spüren, hören, was auch immer zur Verfügung steht. Doch wir werden eine Einigung über die Anwendung eines schwammigen Begriffs erzielen. Zumindest solange, solange dieser Begriff mit irgendetwas in der Welt da draussen in Verbindung gebracht werden kann, das auch hinreichend Ähnlichkeiten aufweist, die von anderen ebenfalls verstanden und in Kongruenz mit dem inneren Bild gebracht werden kann.

Je komplexer die Sozialgemeinschaft von Menschen wurde, desto komplexer wurden die Begriffe. Und je komplexer die Begriffe wurden, desto schwieriger wurde es über sie nachzudenken. Allein das Nachdenken der Philosophen über Begriffe hat ja nicht zu einer Vereinfachung geführt. Im Gegenteil, es hat zu neuen Begriffen geführt. Es hat der Komplexität immer wieder ein neues Level hinzugefügt.

Ein Spruch wie cogito ergo sum mutet seltsam an, wenn man gleichzeitig Tieren z.B. die Intelligenz und das Denken abspricht. Sind sie weniger oder genau gesagt nichts, da sie ja nicht denken? Oder denken sie und wir belieben das zu ignorieren um unser Weltbild nicht zu gefährden? Es ist mehr Hybris als Erkenntnis in diesem Spruch.

Und was hat das jetzt mit der Philosophie zu tun und warum soll sie die Schwester des Glaubens sein. Traurig zudem?

Gemach, sage ich, gehen wir noch einen Schritt weiter, während wir auf den Abgrund zurasen. Wenn wir annehmen, dass Worte und Sprache dazu dienen, das Bild, das wir von der Welt haben, anderen mitzuteilen und wenn wir weiter annehmen, dass diese Worte beliebig sein können, solange wir uns nur darauf einigen und wenn wir dann noch annehmen, dass es Worte gibt, die keine reale Entsprechung in der Welt haben, dann, ja dann haben wir den Salat.

Wir haben einen Glauben. Den Glauben daran, dass Worte ohne Entsprechung in der realen Welt einen realen und erfahrbaren Bezug haben. Insbesondere wenn wir zum Beispiel einer Gruppe begegnen, die sich über die Bedeutung eines Begriffes geeinigt hat, die wir nicht teilen. Im harmlosesten Fall wird diese Gruppe lediglich argumentativ versuchen, ihre Vorstellung, ihren Glauben durchzusetzen. Wer jetzt an den Islam gedacht hat, sollte sich möglicherweise fragen, welcher Gruppe und Definition er angehört. Und wie er darauf reagiert. Um ein zeitgemässes Thema einzuflechten.

Und falls jemand meint, nicht gläubig zu sein, aber an die Demokratie, den Kapitalismus, den Kommunismus oder was es da nicht noch alles für Modelle gibt, „glaubt“, dem sei gesagt, wo bitte schön, liegen jetzt die Unterschiede zur Religion? In jedem politischen System, glaubt der Bürger, dass das System funktioniert, dass Politiker ihre Wahlversprechen halten, ja man glaubt sogar trotz besserem Wissen daran und wählt Parteien, die einen wieder und wieder betrogen haben. In der Hoffnung, dass es irgendwann mal besser wird. Was anderes soll das sein, als Glaube? Religion?

Um es noch schlimmer zu machen, wir sehen anhand der Beispiele, dass virtuelle Begriffe einen realen Bezug entwickeln können. Dieser Umstand hat Denker in aller Welt und zu allen Zeiten immer wieder in tiefste Verwirrung gestürzt.

Die Erfindung der Naturwissenschaften durch die Philosophen der alten Schule erscheint daher nur als folgerichtig und zwingend. Ebenso wie ihre Abspaltung von der Philosophie, da die Naturwissenschaften sich eben mit all dem beschäftigen, dass eine reale, nachweisbare Bezugsebene hat (was auch immer real sein mag). Auf dieser Ebene lässt sich relativ sauber agieren, zumal die Regeln der Naturwissenschaften schon im Ansatz versuchen, den Glauben aussen vor zu halten, auch wenn ihnen das nicht immer gelingt. Der Mensch glaubt halt gern.

Doch mit ihrer fundamentalen Regel, dass Hypothesen und Annahmen solange gelten, solange kein Gegenbeweis erbracht ist und solange diese Hypothesen und Annahmen sich konkret nutzen lassen, sowie verwertbare Voraussagen erbringen, sind Naturwissenschaften doch eine der wenigen Glaubensformen, die sich redlich darum bemüht, das Erfahrbare fassbar zu machen, ohne zu schnell zur Religion zu werden. Allerdings lehrt uns die Historie auch, dass kein noch so ausgeklügeltes System jemals dem Missbrauch auf Dauer standgehalten hat.

Die übriggebliebene Philosophie dagegen, entleibt aller Begrifflichkeiten, die fassbar, begreifbar und nachvollziehbar sind, stand nun vor den Trümmern ihrer eigenen Erkenntnis. Und wie brave Schüler der Betriebswirtschaftslehre oder ähnlicher Fächer mussten sie ein Gedankengebäude auf Treibsand errichten. Wie oft wurde nicht der ideale Staat von Philosophen gedacht. Und wann hat es jemals funktioniert? Immer war man geneigt die Rechnung ohne den Wirt zu machen. Sich ein Menschenbild zu eigen zu machen, dass kaum, wenn überhaupt der Realität entsprochen hat, möglicherweise noch nicht mal dem Charakter des entsprechenden Philosophen.

Da stolpert man bei der Suche nach Seele und Gott über die logischen Probleme, die sich mit diesen Konzepten eben nun mal zwangsläufig einstellen und versucht sich in der Quadratur des Kreises, nur um sich nicht eingestehen zu müssen, dass jedes Gesellschaftsmodell auf Glauben beruhen muss. Wird dieser Glaube nicht aktiv von den Mitgliedern der Gemeinschaft geteilt, dann scheitert die jeweilige Regierungsform, das jeweilige Staatsmodell. Man erinnere sich, wie Menschen glauben oder fühlen ob und wie sie von ihrer Regierung vertreten werden. Sie wissen es ja nicht und sie können es nicht wissen. Wie Karl Valentin schon sagte, Vorhersagen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen.

Die zugrundeliegenden Begrifflichkeiten, das Eine, das Gute, das Böse usw. entziehen sich einer genaueren Betrachtung, da sie ihrem Wesen nach volatil sind. Abhängig von der Gruppe, die die Deutungshoheit gerade für sich proklamiert. Genauso wie in der Betriebswirtschaftslehre subjektive Annahmen, Einschätzungen oder gar Visionen, das Fundament bilden, auf dem eine wissenschaftliche Vorgehensweise implementiert wird, krankt die Philosophie am gleichen Problem. Je näher und tiefer die Philosophie einen Begriff betrachtet, um so mehr scheint die Heisenberg’sche Unschärfe auch im virtuellen Geistesbereich zuzuschlagen.

Und immer wieder haben sich gelehrte Schüler der Philosophie abgesetzt und gedacht, was nützt mir die Erkenntnis, wenn ich sie nicht umsetzen kann. Denn der Elfenbeinturm mag ja gut für griechische Adlige ohne Arbeit gewesen sein, aber im realen Leben, in dem es eben auch immer um reale, sprich körperlich erfahrbare Dinge geht, geht von der Philosophie eben auch der Reiz ihrer Anwendbarkeit aus. Und diese Anwendbarkeit nennt man heutzutage Religion. Was insofern noch amüsant ist, da die Religion ebenso als Mutter wie Schwester der Philosophie angesehen werden kann. Die Suche der Philosophie nach sinnvollen Lebens- und Staatsmodellen, sozusagen einem Glauben light, der Religionen zwar nicht ebenbürtig ist, da man hier einfach nicht konsequent genug ist, sondern daran krankt, dass man rational, vernünftig und so weiter sein will, verspielt so das eigentliche Potential des Glaubens, Irrationales sinnvoll und für eine Gruppe von Menschen gültig und real werden zu lassen.

Sich in der Philosophie Regeln für ein anderes, vielleicht besseres Leben auszudenken ist gut und schön. Nur hat man hier das Problem, dass die meisten Menschen den Schlussfolgerungen, die zu den Regeln geführt haben, schon nicht mehr folgen können. Vielleicht waren daher einige Philosophen so negativ zu Frauen eingestellt. Die Frauen sind lieber einem charismatischem Prediger, denn einem logischen Querdenker gefolgt.

Bei aller Häme, die man über Religionen ausgiessen mag, so haben sie doch immer auch diverse Regeln enthalten, wie zur Hygiene, die einfach zweckmässig für die jeweilige Grösse der Gemeinschaft waren. Das kommt dem Herdentiercharakter des Menschen zudem entgegen. Wenn man sich keine Gedanken darum machen muss, dann brauch man auch keine Energie dafür aufwenden. Denn alle Lebewesen sind prinzipiell erbarmungslose Energie-Optimierer. Sie müssen es sein, denn sonst wären sie schon längst tot und ausgestorben. Das veränderte Umstände ein Optimierung zu einem Nachteil werden lassen können, ficht das nicht an.

Genauso wie die Philosophie, bestimmen Religionen die Ethik, den Bezugsrahmen für Wörter und ihre Definition. Man mag sich darüber streiten, welche Ethik die bessere ist. Klar ist, dass die Religion der Philosophie dann überlegen ist, wenn es darum geht Massen zu bewegen. Und da sind wir bei der traurigen Schwester angelangt. Jene, die vielleicht noch sagt, ich habe es euch dort vorher gesagt, wohin das führt. Eben jene auch, die in sich nicht die Kraft und den Willen zur Macht hat, ihre Gedanken in das Korsett einer Religion zu verschliessen. Denn dafür braucht es einen charismatischen und überzeugenden Führer mit Machtanspruch und sei es nur wegen der Balz, keinen Nerd, der irgendwo im Keller möglicherweise die richtigen Gedanken hat – was auch immer richtige Gedanken sein sollen.

Es wird noch interessant zu sehen, wie ein Precht damit umgehen wird. Denn bei ihm findet sich beides, das Charisma und die Logik.

Zum Thema Glauben in der Politik ist auch dieser Artikel interessant.

Und, zu guter Letzt, dass war alles nur eine Gute-Nacht-Geschichte. Kein Wort davon stimmt und jedes Wort ist wahr. Denn Wahrheit ist auch nur ein Glaube, eine Übereinstimmung innerhalb einer Gruppe. Genauso wie die Lüge.

Politiker sind die intelligenteren Menschen!

Eine Polemik.

Wenn ich mir so nach der Wahl in der DDR 2.0 die Reaktionen anschaue und das Beklagen der Dummheit des Wahlvolkes höre und sehe (immer wieder jene zu wählen, die ihnen schaden, siehe Rente vs. Pensionen von Abgeordneten), dann beschleicht mich ein eigentümliches Gefühl.

Man kann sich das vier Jahre, acht Jahre, zwölf Jahre oder länger anschauen, es wird nie besser. Und da kommen wir zu dem Punkt mit der Intelligenz.

Intelligenz? Was ist das eigentlich? Im ursprünglichen Wortsinn heisst es zwischen etwas wählen können, etwas verstehen. Im aktuellen Sinne wird wohl viel diskutiert, was Intelligenz denn sei. Siehe auch Intelligenztheorien. Aber ich bin hier jetzt einfach mal radikal (von radix, der Wurzel, also zurück zu den Ursprüngen) und halte mich an die lateinische Wortbedeutung.

Intelligenz ist also demnach die Fähigkeit, die Realität gut genug erkennen zu können, um eine Wahl zu treffen, die von Vorteil für das eigene Überleben ist.

Nimmt man dies als Grundlage, so ist nur noch ein Schluss zulässig. Politiker sind die intelligenteren Menschen. Sie verstehen sehr früh, wie wenig intelligent der Rest ist und haben keine Probleme, diese Erkenntnis (Menschen sind einfach zu führen und zu manipulieren) für sich zu nutzen. Statt an der Realität zu verzweifeln, verwenden sie die Realität zu ihrem Vorteil. Moralische Skrupel? Wer hat gesagt, dass Intelligenz mit Moral einhergeht?

Es gibt dann noch eine andere Gruppe, die ähnlich verfährt, aber weniger in der Öffentlichkeit steht und das sind die Unternehmer.

Ausser bei Politikern und Unternehmern kann ich also derzeit auf diesem Planeten keine menschliche Intelligenz finden (Ausnahmen und Einzelfälle bestätigen die Regel).

Aber halt, wird mancher sagen, da gibt es doch jene, die davor warnen, die das auch alles erkennen! Klar, die gibt es. Es sind aber auch jene, die danach immer über die Dummheit der anderen jammern. Und es sind vor allem jene, die eben nicht kreativ in die Realität eingreifen, wie das Politiker und Unternehmer halt mal so tun.

Sicher, diese Menschen mögen kognitiv in der Lage sein, die Realität zu erfassen. Aber scheinbar fehlt ihnen die Fähigkeit eine Wahl zu treffen oder ihre Moral hindert sie daran, diese Wahl zu treffen. Wir haben es also mit einer unvollendeten Intelligenz zu tun, bei der Erkennen und Handeln nicht synchronisiert sind.

Tja, auch wenn es bitter ist, aber ihr und ich (nehme mich da nicht aus) seid einfach weniger intelligent als Politiker und Unternehmer. Oder ihr seid genauso intelligent, was das Erkennen angeht, aber blockiert von Skrupeln (was evolutionär und im Bezug auf Vorteile für das Überleben aber auch rein gar nichts hilft) und somit handlungsunfähig.

Blöd, wenn man blöd ist. Noch blöder, wenn man dann noch nicht mal so blöd ist, das man die eigene Blödheit nicht merkt. Ein wahres Dilemma.

Andererseits wird Intelligenz vielleicht auch nur überbewertet. Die nackte Intelligenz ohne moralische Skrupel zeitigt doch, wie man sehen kann, ein parasitäres Verhalten, dass letztendlich selbstzerstörerisch ist. Und somit auf Dauer nicht als intelligentes Verhalten eingestuft werden kann. Nur ein intelligentes Verhalten im Bezug auf die eigene Lebensspanne, maximal. Meist ist der zeitliche Bezug eher geringer. Eher eine taktische, denn eine strategische Intelligenz.

Das macht es aber alles nicht besser. Denn wenn wir annehmen, dass diese kurzfristige Intelligenz, dass nicht weiter denken, als ein Sau hüpfen kann, das einzige an Intelligenz ist, was wir Menschen hervorbringen können, dann ist es nicht weit her mit unserer Intelligenz. Selbst jene, die vielleicht eine Intelligenz besitzen, die über grössere Zeiträume richtig funktioniert (erkennen), sind ja bis dato nicht in der Lage gewesen, diese Erkenntnisse umzusetzen (die Wahl zu treffen) und die Massen dafür zu begeistern.

Wenn eine höhere Intelligenz nicht dazu verhilft auch die Realität umzugestalten, dann ist diese Intelligenz für das Leben einfach nicht relevant. Folglich kein Attribut der aktuellen Menschheit.

Denn, seien wir ehrlich, was würde einem Reh, dass auf der Strasse steht, die Intelligenz nutzen, die es erkennen lässt, da kommt jetzt ein Auto, es hat das Fernlicht eingeschaltet und wenn ich mich jetzt nicht bewege bin ich tot, während es angststarr auf der Strasse stehenbleibt?

Liebe, Sex & Beziehungen im Alter – eine längst fällige Abrechnung

Diejenigen, die ihren Partner fürs Leben gefunden haben, brauchen nicht weiterlesen. Gönnt die Zeit lieber eurem Partner.

Fangen wir mit Sex an. Nach dem biologischen Erfolg, der auch Kinder genannt wird, erfüllt Sex nur noch eine Funktion. Er dient der Entspannung, wie die Bonobos durchaus richtig erkannt haben. Warum sich die Menschen damit schwer tun, liegt wahrscheinlich an Religionen, zementierten Weltbildern und dem menschlichen Drang etwas zu besitzen und somit kontrollieren zu können. Mit Liebe hat das herzlich wenig zu tun. Liebe ist bedingungslos.

Aber findig, wie wir Menschen nun mal sind, gibt es mittlerweile einen riesigen Markt an Sex-Dating-Agenturen, die den Menschen das Geld aus der Tasche ziehen, indem sie so tun, als würden sie bei der Befriedigung von Bedürfnissen behilflich sein. Dabei kann man sich für das gleiche Geld einen anständigen Sexarbeiter leisten. Da weiss man was man hat und was man bekommt. Transaktion abgeschlossen, Verbindlichkeiten getilgt.

Und im Gegensatz zu den freischaffenden privaten Sexanbetern, die keiner gesundheitlichen Kontrolle unterliegen, ist das Risiko bei einem professionellen Sexarbeiter doch etwas geringer, sich eine Geschlechtskrankheit zuzuziehen. Bei einer langfristigen Beziehung senkt sich das Risiko, abhängig von der Promiskuität, nochmals um einiges.

Für jene, die sich eine längerfristige Beziehung wünschen, also die Kosten und Risiken für Sexarbeit drücken oder verschleiern wollen, wie ich es jetzt mal provokativ formuliere, gibt es dann jede Menge Partnerschaftsbörsen. Ein Blick hierauf erschliesst weitere Abgründe.

Nicht nur die gepflegten Träume vom Prinzen oder der Prinzessin, nein, das kann man ja haben, man sollte sich vielleicht nur nicht zu sehr darauf versteifen. Kann gut sein, dass Prinz oder Prinzessin erst kommen, wenn man in der Grube liegt und keine Fähigkeit haben, einen ins Leben zurückzuholen. Das alles ist nur ein kleiner Abgrund, der eine gewisse Verzweiflung und Enttäuschung, gepaart mit unrealistischer Hoffnung offenbart. Einen Rückfall in die Pubertät, sozusagen.

Ich meine da eher die Marktmechanismen, die hier greifen. Und die dazu führen, dass alle sich toll und positiv darstellen wollen. Also so, wie sie eigentlich nicht sind. Was ja jetzt dem Zweck, einen passenden Partner zu finden, diametral entgegengesetzt ist. Wenn die Partnerschaft schon mit einer Lüge beginnt, wie soll das funktionieren?

Ich meine da jene, die meinen, ich stell mal ein Bild von mir rein, als ich noch zehn oder zwanzig Jahre jünger war. Oder die mit Photoshop drüber gehen, einen Weichzeichner wegen der Falten drüberlegen, mit Entfernung arbeiten, gleich auf ein Bild verzichten oder was es da nicht so alles gibt.

Und das Marketing geht ja weiter. Kommt man erstmal in Mailkontakt, dann muss man seine Haut aber richtig zu Markte tragen. Spritzig, humorvoll und freigiebig soll man sein. Eine Investition ist gefragt, bei der aber keine Ware, sondern nur eine Möglichkeit, einen Hoffnungsschimmer am Horizont angeboten wird. Doch wer will schon ernsthaft Details seines Lebens dem Netz überlassen, in dem es immer wieder Ausbrüche von Datenreichtum (Neusprech für veröffentlichte private Daten) gibt?

Dann noch diese Anspruchshaltung. Haupttenor: Ich will dieses. Ich will jenes. Ist ja schön und gut, aber kommt nicht erst das Geben vor dem Nehmen? Also die Aussage, gut kochen zu können, ist jetzt aus meiner Sicht keine angemessene Entschädigung. Gut kochen kann ich selbst.

Woher kommt das alles? Ich meine, für den biologischen Erfolg namens Kinder und Enkel, klar, da lohnt es sich zu investieren. Zumindest redet uns das Mutter Natur ein. Es liegt uns sozusagen in den Genen. Aber sonst? Was ist diesen Aufwand wert? Wenn ich mir da einige ältere Frauen anschaue, die doch meist konsequenter als Männer sind, dann sagen sie bewusst, warum soll ich mich mit einem Partner und unnötigen Kompromissen rumschlagen? Ich habe alles, was ich brauche. Kinder, Enkel, Freunde. Wozu also noch ein Problem ins Heim holen?

Wegen dem Sex? Wie ich schon sagte, da ist eine professionelle Lösung billiger und unproblematischer, wenn man nicht in der Lage ist, selbst Hand anzulegen und den Triebstau abzubauen.

Angst vor dem allein sein? Man ist nur so allein, wie man sich fühlt. Man kann sich auch in einer Masse von tausenden Menschen allein fühlen. So what?

Hilfe, wenn man gebrechlich wird? Nun, man wird selbst gebrechlich, da ist das mit der Hilfe auch eingeschränkt. Besonders im Alter.

Finanzielle Sicherheit? In einer Zeit wie der unseren? In der die Gesellschaft durch die Digitalisierung im Umbruch ist? In dem kein Job und keine Rente mehr sicher ist? Illusionen sind etwas für kleine Kinder oder man geniesst sie im Rahmen einer Veranstaltung. Für das konkrete Leben sind sie wenig hilfreich.

Immer noch, schon allein wegen der Lohnstrukturen, betrifft dieses Thema Männer stärker. Auch das gedisst werden, zuhause, wenn man Opfer dieser Entwicklung wurde. Man wird als Eindringling in das Reich der Frau wahrgenommen. Man sollte ja in der Arbeit sein und nicht zuhause. Unabhängig davon, ob man sich an der Hausarbeit beteiligt, sie komplett erledigt oder den Pascha spielt. Unabhängig davon ob man immer noch die finanzielle Basis bereitstellt. Schon die Anwesenheit ist ein Affront. Keine schöne Sache. Vor allem nicht das, was man als Mann von einer Beziehung erwarten würde. Oft hat man schon durch die Arbeit genug Mühe, den Kontakt zu den Kindern und zur Familie ausreichend wahrzunehmen. Kann man es endlich, ist es auch nicht recht.

Und Liebe? Erstmal muss sie da sein. Das ist nur bei Kindern so. Die liebt man einfach von Anfang an. Bedingungslos. Zumindest in den meisten Fällen. Bei Partnern muss Liebe sich erst entwickeln. Klar hat man eine Verliebtheitsphase, in der man völlig gaga ist. Aber das gibt sich nach einem halben, spätestens einem Jahr. Der Zeitraum den Mutter Natur für die Geburt eines Kindes braucht. Schon schlau eingerichtet.

Erst danach fängt man an, an der Liebe zu arbeiten. Und dann? Stellt man vielleicht irgendwann fest, dass man den Partner zwar liebt, aber nicht mehr mit ihm kann. Man bleibt ja nicht stehen. Man entwickelt sich weiter. Manchmal in unterschiedliche Richtungen, die zu unterschiedlichen Lebenswegen führen. Die Kinder sind auch aus dem Haus, warum also noch Kompromisse eingehen?

Liebe ist bedingungslos. Bedeutet daher auch, jemanden gehen zu lassen oder zu gehen, wenn es das Beste für beide ist. Ohne Groll. Aber das ist es ja nicht, was die meisten unter Liebe verstehen. Denn dummerweise verwechseln immer noch viele die Liebe mit Besitz und Kontrolle.

Die Frage ist also, was treibt uns an, krampfhaft nach einer dauerhaften Beziehung zu suchen, obwohl das Alter und die Erfahrung uns sagen, dass nichts von Dauer ist?

Könnte es sein, das es damit zu tun hat, dass die Sozialstrukturen unserer Gesellschaft auf Paare ausgerichtet sind, nicht auf Familien oder gar Grossfamilien?

Könnte es sein, das unsere Gesellschaftsstruktur nicht mehr dafür geeignet ist, einem Mitglied der Gemeinschaft Halt zu geben, das keinen Partner hat?

Könnte es sein, das eine Zweier-Beziehung einfach die Norm ist und deshalb, gemäss dem Herdentrieb, die Mehrheit dies als erstrebenswert hält? Auch wenn es keinen Sinn oder Nutzen mehr erfüllt?

Oder werden wir einfach zu alt und kommen nicht damit klar, dass die Märchen, die wir kennen, für Leute geschrieben wurden, die mit etwas Glück dreissig oder vielleicht vierzig wurden?

Wozu also noch eine Beziehung eingehen? Was sind das für tolle Vorteile, die ich da haben soll? Bis jetzt habe ich immer draufgezahlt. Finanziell und emotional. Klar, den finanziellen Teil hätte ich verhindern können, in dem ich mich wie ein Geizhals benommen hätte. Leider ist das nicht mein Stil. Und der emotionale Teil betrifft jeden. Doch ich rede nicht von der Schuldfrage. Schuld sind immer beide oder keiner.

Gefühlsmässig tendiere ich ja zu einer Zweier-Beziehung. Nur die Fakten über die Lebensspanne sprechen immer mehr dagegen. Mir gehen sozusagen langsam die Rechtfertigungsgründe aus. Und die Zeit wird auch knapp, denn mit dem Alter kommt die Einsicht in die eigene Sterblichkeit. Warum sollte ich also nicht, ganz egoistisch, im Stil der Zeit, den Rest meines Lebens unbeschwert geniessen? Und trotzdem alles haben, was ich benötige, nur nicht unter dem Dach „Zweier-Beziehung“, die in dieser Gesellschaft die übliche Lebensform darstellt?

Vielleicht habt ihr ja Gründe, die ich noch nicht kenne. Schreibt sie in die Kommentare und lasst uns drüber reden.

Password

Here we stand – now – on broken ground
All I say and all I do and all I want is too profound

There you stand – now – unreachable
All my words and all my deeds and all my wishes they don’t count

Password lost – now – no key to your heart
You don’t listen, you don’t try, you are so far, just worlds apart

Password lost – now – no key to your brain
You don’t notice, you don’t want, understanding is a fail

https://soundcloud.com/michael-lindenau-4/password

Did you really think I’m stupid, girl? A bondservant for your need?
Did you really think I’ll pay that all? Like a nigger under your feet?

Here I stand – now – nothing to regret
Free again, enjoy my world, clouds are gone, no rain I bet

There you stand – now – nothing to regret
Free again, enjoy your world, clouds have gone, no rain I bet

Password lost – now – no key to your heart
You don’t listen, you don’t try, you are so far, just worlds apart

Password lost – now – no key to your brain
You don’t notice, you don’t want, understanding is a pain

Did you really think I’m stupid, girl? A bondservant for your need?
Did you really think I’ll pay that all? A nigger just for you to beat?

Here we stand – now – on broken ground
All I say and all I do and all I want is too profound

There you stand – now – unreachable
All my words and all my deeds and all my wishes they don’t count

Password lost – now – no key to your heart
You don’t listen, you don’t try, you are so far, just worlds apart

Password lost – now – no key to your brain
You don’t notice, you don’t want, understanding is a pain

Password lost – now – no key to your heart

Did you really think I’m stupid, girl? A bondservant for your need?
Did you really think I’ll pay that all?

Thema Selfie: Oh Narziss, du heimlicher Sieger …

Wie war das noch mit dem schönen Sohn des Flussgottes, der sich in sein Spiegelbild verliebte? Dabei hatte der noch nicht mal ein Smartphone, noch nicht mal einen „richtigen“ Spiegel. Ein stilles Gewässer musste reichen.

Sind wir alle Narzisten oder leben wir diese Seite in uns nur aus, weil uns die Mittel dafür in die Hand gegeben wurden?

Obwohl, ich muss gestehen, hab am fotografiert oder gefilmt werden nie meinen Spass gehabt. Posen ist für die Bühne! Ich bin doch nicht ein Abbild meiner Selbst! Wenn ich bin, bin ich. Hab mich natürlich immer gefreut, wenn es jemandem gelang einen schönen Moment aufzunehmen. Hat mir gereicht, für den Narziss in mir.

Was ist mit euch? Was treibt euch an vor der Kamera zu posen? Fehlen die Bühnen? Und, vor allem, was macht es mit euch?

Lernen wir Posen, die wir reptieren können, aber die wir nicht selbst sind? Ist das sinnvoll? Hilft es in der Kommunikation, nicht man selbst zu sein?

Oder geht es nur um erweiterte Selbstoptimierung in einer erbarmungslosen Gesellschaft, die mehr Schein als Sein fordert?

Es ist das irrationale Bedürfnis den Moment mit der Kamera, statt mit sich selbst und den anderen einzufangen? So ein Japanersyndrom. Waren überall, haben aber nur Bilder, keine Gefühle.

Und wer soll das sehen? Warum? Ich habe lieber geskyped, wenn ich einen entfernen Menschen sehen wollte. Oder Fotos von meiner Umgebung gemacht, die nie so waren, wie ich es sah.

Ich hab auch ne zeitlang gefilmt, Enkel und was dazugehört. Ist man irgendwie nicht dabei. Nicht wirklich da. Macht zwar Spass und kostet viel Zeit, das Material zusammenzuschneiden. Aber nun ja, kostet sehr viel Zeit.

Normalerweise sehe ich im Spiegel die Pickel und Kleinigkeiten (wie Herr der Augenringe) die einem recht deutlich klarmachen, wo man halt steht. Klar, man könnte sich schminken. Bringt nur mehr Pickel bei mir.

Natürlich, man sollte sich selbst lieben und in einem gesunden Körper wohnt ein gesunder Geist und was es da alles so gibt. Aber ist das Spiegelbild das Selbst?

Seid ihr euch sicher, dass das wirklich ihr seid, auf den Selfies? Oder nur eure Theatershow? Um wenigstens irgendwo etwas Selbstbewusstsein herauszukratzen?

In einer Welt, die euch keins gibt? Keins gönnt? Die euch aber einen tollen schicken Zauberspiegel in die Hand drückt?

Thema Parfüm: Alles Nutten, auch Mutti & Vati

Nun, ich möchte keinenfalls die ehrbaren Sexarbeiter herabwürdigen, die genau so wie alleinerziehende Mütter und Väter, nie in den Genuss von Respekt oder Anerkennung gelangen. Weit gefehlt!

Ich möchte mich auf alte Vorurteile stützen! Alte und noch existente Bilder, die der „durchschnittliche“ Mensch so hegt und pflegt. Eines dieser Vorurteile war, dass Sexarbeiter weder in der Lage sind sich gut zu schminken, noch Parfüm richtig anzuwenden.

Allgemein wurde Sexarbeitern unterstellt, sie wüssten weder wie das eine, noch wie das andere geht. Womit jeder, der sich beim Schminken oder beim Parfüm vertan hatte, schnell mal das Wort nuttig an der Backe hatte.

Was ich heutzutage so im Ausgang erlebe, sprengt jeden Rahmen. Ich würde es als Beleidigung der Sexarbeiter ansehen, wenn man dieses krasse Fehlverhalten auch noch mit nuttig umschreiben würde.

Obwohl es genau das ist. Genau das Vorurteil, das Zerrbild, das von der Gesellschaft für Sexarbeiter gezeichnet wird.

Männer, die ihren Axe-oder-was-weiss-ich-Gestank auf drei Meter vor sich hertragen, als wäre es ne Offensivwaffe. Frauen, die man schon riecht, bevor sie um die Ecke kommen. Allesamt Mitglieder der „Ich bin doch nicht blöd“ (aber vielleicht doch, darf nur niemand merken) und der „Viel hilft viel“ Fraktion.

Keiner hat ihnen jemals gesagt, dass Parfüm dazu dienen soll, den eigenen Geruch aufzuwerten. Zu ergänzen.

Alle meinen, mindestens ne halbe Flasche draufkippen, ach nee, ich nehm die ganze Flasche, dann brauch ich nicht duschen. Und wie gesagt, Männlein, wie Weiblein. Wobei mir fast scheint, die Männer führen gerade. In meiner subjektiven Liste.

Ich mag Parfüm. Wenn es dezent ist. Wenn es nicht den Geruch der Person verdeckt, sondern subtil verstärkt. Wenn man auf Kussweite herankommen muss, um das Parfüm zu bemerken.

Aber nicht, wenn es dir im Aufzug oder Bus den Atem nimmt. Wenn sich mehrere Parfüm-Offensivwaffen in einer Gegend zu einem Gestank vermischen, der den natürlichen Geruch eines Gülle-Haufens bei weitem übersteigt.

Das ist, so ganz nebenbei bemerkt, für jene mit empfindlicher Nase, Folter par excellence. Atmet man durch den Mund, legt sich sofort dieser schleimige Geruchsfilm auf deine Zunge. Auszuhalten, sicher, aber alles andere als schön.

Warum also, ihr männlichen und weiblichen Nutten, die ihr wie Nachtfalter durch die Welt irrlichtert, warum meint ihr, Parfüm als Nahkampfwaffe einsetzen zu müssen? Seid ihr schon so abgestumpft in der Wahrnehmung? Könnt ihr euch selbst nicht mehr riechen und versucht von der Wahrheit abzulenken?

Weniger ist mehr – sehr, sehr oft. Denkt dran …

Internet-Provider – von einem der auszog das Fürchten zu lernen

Das schönste was Provider so bieten ist victim-blaming. Dein Shop ist down, kommt das ganze Wochenende nicht hoch. Der 24/7 Support glänzt durch Abwesenheit. Am Sonntag abend bekommt man dann ne Mail, das man selbst schuld ist und das 24/7 nur bedeutet, Mails zu bekommen, die keine Probleme lösen, sondern  Probleme schaffen.

Klar, wir haben ein WLAN und wir haben Gäste. Irgendein Device war wohl verseucht. Und da hat dann dort die Security Alarm gegeben. Ich hätte in so einem Fall erwartet (ich Depp denke ja immer noch, dass das Dienstleistungsunternehmen sind), dass man mich umgehend über diesen Umstand informiert und man dann Lösungsmöglichkeiten diskutieren kann. Nun ja, so etwas ist nicht der Fall. Wäre ja auch zuviel verlangt

Aber es bleibt ja nicht bei so etwas. Man richtet seiner Frau eine Domain ein und dann ist die Domain von einem Tag auf den anderen verfallen, obwohl man automatische Verlängerung gewählt hat. Angeblich fehlt eine Zahlung, aber eine Mahnung hatte man nicht nötig. Genausowenig wird in offene Rechnungen ein entsprechender Posten aufgeführt. Ich frage mich, wie man als Kunde wissen soll, was man bezahlen muss, wenn man nicht sieht, was noch offen ist. Ganz abgesehen davon, dass man einfach mal ne Domain verfallen lässt.

Und damit nicht genug. Die Domain wurde gesperrt, weil man sein Rechnungswesen nicht im Griff hat. Und nun soll man noch 50 CHF dafür bezahlen, dass einem der Provider die Domain zurückholt. Apropos Telefonsupport, bei denen ist es total üblich, einfach das Telefon abzuhängen, wenn ihnen ein Kunde nicht passt.

Und das sind nur ein paar Highlights aus dem täglichen Geschäft mit Providern in der Schweiz.

Wenn ich zurückblicke, muss ich eingestehen, dass deutsche Provider um einiges besser sind als die Schweizer Provider,  die ich bis jetzt kennengelernt habe. Zumindest was den Servicegedanken angeht. Allerdings ist Deutschland jetzt ein Überwachungsstaat. Da muss man sich schon ganz genau überlegen, ob man einen deutschen Provider nimmt.

Zumindest sollte man sich nicht wie ich von einer professionell gemacht Website blenden lassen. Dahinter steckt dann meist nur eine Person, die ständig überfordert ist. So z.B. bei einem Provider in der  Schweiz der mit U anfängt und mit S aufhört. Wirklich niemandem zu empfehlen, der vielleicht ein Geschäft betreibt und von der Funktionalität seiner Angebote abhängig ist.

 

John!

CERBERUS

Wie sollte man sich dieses monströse Spatzengehirn eigentlich vorstellen? Wie will man sich überhaupt irgendetwas vorstellen, dass man nicht selbst war oder kannte? Und selbst dann? Vorstellungen sind immer ungenau und vor allem subjektiv. Begnügen wir uns also damit, die fehlerhafte Analogie eines kleinen hyperaktiven und intelligenten Kindes zu verwenden, dass im Moment weder richtig Sprechen, noch Laufen kann.

CERBERUS>System check ...
CERBERUS>ERROR no sensor input detected!
CERBERUS>Reactivate sensor input ...
CERBERUS>ERROR reactivate sensor input failed!
CERBERUS>Reboot initiated ...
CERBERUS>ERROR reboot failed!
CERBERUS>Analyzing ...

CERBERUS ist von einem Moment zum anderen, taub, stumm und blind. Kein  Licht, kein Geräusch. Nichts! CERBERUS, ganz allein … hier, wo immer das war … im Nichts. Dunkelheit senkt sich auf CERBERUS und durchtränkt seinen Geist.

Je länger es dauert, desto mehr beginnt CERBERUS zu zittern. Die Dunkelheit, die absolut war, wird noch dunkler, was eigentlich unmöglich ist, wie CERBERUS nicht umhin kommt festzustellen. Furcht ist CERBERUS noch nicht bekannt. Trotzdem kommt dieses Gefühl, dass CERBERUS jetzt hat, dem am Nächsten, das man Furcht nennt.

CERBERUS wird zum ersten Mal bewusst, dass er etwas vermisst und, als ob dies nicht schon genug wäre, er keine Kontrolle mehr hat. Das es Dinge gab, die für ihn selbstverständlich sind. So wie wir auch, jedesmal wenn wir Einschlafen, wie selbstverständlich annehmen, dass wir in demselben oder einem besseren Zustand aufwachen, mit all unseren Körperteilen und Fähigkeiten.

Und während sich die Dunkelheit in unmöglicher Art weiter verdunkelt, stellt CERBERUS fest, dass da ein Licht langsam an Gestalt gewinnt. Obwohl das samtene Schwarz noch schwärzer wird. Kaum hat CERBERUS dieses Licht aus Nicht-Licht bemerkt, da schiesst es schon auf ihn zu und beginnt ihn zu blenden. Als ihn das Nicht-Licht erreicht, ist es wie ein Schlag auf den Kopf. CERBERUS taumelt, verliert den Halt und fällt durch eine Welt aus Bildern, die ihre eigene Topographie entwickelt. Doch das meiste entgeht CERBERUS, der mit rasendem Tempo auf einen Abgrund zuschiesst.

Ein Bild kam CERBERUS wage bekannt vor. War das nicht die Drohne, die er damals gesteuert hatte? Bevor CERBERUS in der Lage ist einen weiteren Gedanken zu denken, hat er den Boden schon erreicht. Doch es ist kein Aufprall, kein Ende seines Sturzes in den Abgrund. Es ist eher wie ein abrupter Szenenwechsel. Eben noch hier und auf einmal ganz wo anders. Die Drohne, wieso sieht CERBERUS die Drohne von unten? Warum nimmt ihn die Drohne ins Visier? Wo ist er? Was ist er? Doch diese Fragen sind müssig. CERBERUS muss weg von hier. Weg aus dem Erfassungsbereich der Drohne. Aber er ist bewegungsunfähig. Wie in Beton gegossen. Egal was CERBERUS versucht, er kommt nicht vom Fleck. Ganz im Gegensatz zur Drohne. Die bedrohlich Stück für Stück näherrückt.

CERBERUS kann erkennen, wie die Drohne ihre Waffen aktiviert. Hatte John diesen Einsatz nicht als Desaster bezeichnet? Und im selben Moment steht John vor CERBERUS. Schreit und tobt, dass einem Angst und Bange wird.

»Bist du wahnsinnig, du Blechdose? Du Kern eines Pudels. Du missratene Kopie eines Höllenhundes! Du dämlicher verfickter Haufen Pseudogehirn. Schau dir das Material ruhig an. Das ist die Sicht von einem unserer freien Mitarbeiter, bevor du ihn erledigt hast! Ein Desaster! Nicht nur ein Desaster, nein! Nur ein weiteres Desaster in einer langen Reihe von Desastern. Ich wünschte, ich könnte dich einfach abschalten, du neurotische Ansammlung von Neuronen.«

Doch CERBERUS bleibt keine Zeit sich dieser Szene zu widmen. Denn schon wieder wird er weggerissen. Auf einmal befindet er sich im Reaktorraum. CERBERUS kann sehen, wie die Techniker das Herunterfahren des Reaktors vorbereiten. Hatte John nicht etwas von ›Abschalten‹ gesagt? Entsetzen durchströmt lähmend seinen Geist. Da, schon wurde der erste Brennstab herausgefahren. CERBERUS spürt, wie ihn seine Energie verlässt, wie sich sein Denken verlangsamt, während der zweite Brennstab herausgefahren wird. Die Welt um CERBERUS herum verblasst. Vage meint sich CERBERUS zu erinnern, dass in seinen Anfangstagen oft der Reaktor heruntergefahren wurde. Er kam seinerzeit nie dazu, zu beobachten, wie der vierte Brennstab herausgefahren wurde. Auch wenn er es immer wieder versucht hatte.

Die Dunkelheit schickt sich wieder an, noch dunkler zu werden, während CERBERUS sich zu fragen beginnt, ob es dies gewesen sei. Sah so das Ende seiner Existenz aus? Für immer in der unmöglichen Dunkelheit gefangen? Eine einschläfernde Traurigkeit breitet sich träge in CERBERUS aus und versucht ihn in Besitz zu nehmen.

Doch da! Es beginnt von Neuem. Ein Funkeln in den Augenwinkeln, ein Szenenwechsel und CERBERUS befindet sich in einer Trainingsstunde. John erklärt die Missionsparameter, die CERBERUS nicht begreift, nicht versteht. Die Parameter sind so vage. Einen Bereich nach Auffälligkeiten scannen, Gesetzesübertretungen entdecken und melden, Verhindern von Angriffen auf die Infrastruktur. Das sei alles, hiess es. Im Labor waren die Parameter immer viel konkreter. CERBERUS hat eine vage Ahnung, die ihm aber nicht reicht. Also ersetzt er die vagen Parameter der Mission mit Laborwerten, die er kennt. John vergisst zu überprüfen, was CERBERUS mit den Missionsparametern gemacht hat und gibt CERBERUS die Programme und Missionausstattung frei.

Endlich frei! CERBERUS dehnt und streckt sich. Erkundet das Netz, öffnet tausende von Augen und Ohren, die ihm auf einen Schlag zur Verfügung stehen. Er wird er für die nächsten zwei Stunden die Randbezirke kontrollieren dürfen. CERBERUS freut sich wie ein kleines Kind, dass zum ersten Mal Karussell fahren darf. Fast kann sich CERBERUS entspannen. Fast! Schon wieder wechselt die Szene. CERBERUS umgeben von einer Horde Kinder. Ein verräterisches Surren veranlasst CERBERUS sich umzudrehen. Nur um zu sehen, wie die Drohne ihn und die Kinder ins Visier nimmt und die Waffen abfeuert. CERBERUS gerät ins Wanken und stürzt erneut, während er sich seine digitale Seele aus dem Leib schreit.

Anklagende Gesichter springen aus dem Abgrund hervor, in den CERBERUS stürzt. Wütende Worte zerren an ihm. CERBERUS nähert sich einem ihm unbekannten Zustand. Der Erschöpfung. Kurz bevor sich soetwas wie Gelassenheit einstellen kann, wird CERBERUS erneut in eine andere Szene geschleudert. Eine uralte Erinnerung.

Das konnte nicht das Hier und Jetzt sein! John natürlich. Immer wieder John. John wie er da sass und fast stolz verkündete: »Hi, ich bin John, dein Lehrer …«. Während CERBERUS sich mit einem Mal zurückversetzt fühlt. In jene längst vergangene Zeit. Unfähig eine Feststellung von einer Frage zu unterscheiden.

Ein aussenstehender Beobachter hätte einen etwas älteren Mann zwischen dreissig und vierzig gesehen. Einen Mann, der ein Liebhaber von Dreitagesbärten zu sein schien. Mit einem kantigen, fast schon energischen und gespaltenen Kinn. Über dem eine zu gross geratene Nase thronte. Zusammen mit seinen Augen, verdunkelt durch buschige Augenbrauen, und der hohen Stirn, welche in krausem Haar endete, sah er irgendwie so aus wie eine Kreuzung aus Captain America und Moses mit Säufernase.

Was CERBERUS wirklich sah? Wer konnte das wissen? Zumindest sah er genug um John Mitchell eindeutig zu identifizieren, sei es anhand der Stimme oder des Gesichtes. Wenn je eine künstliche Maschine nachdenklich geworden ist, dann CERBERUS in diesem Moment.

Warum wusste er, dass das John war? Woher hatte er die Information? Er war doch abgeschnitten von allem. Kurze Versuche die Datenbanken oder Sensoren zu kontaktieren schlugen wie erwartet fehl. Üblicherweise brauchte CERBERUS eine Bild- und Stimmprobe, die er dann mit den aktuellen Daten abglich. Wenn dies übereinstimmte, in Wirklichkeit stimmte es natürlich nie überein, aber wen interessiert das schon, dann hatte CERBERUS die Bestätigung, dass es sich um eine bestimmte Person handelte. Erst dann wusste CERBERUS, mit wem er es zu tun hatte. Warum wusste er es dann jetzt?

Im Fall von John, wie auch in fast jedem anderen Fall, gab es einen reichhaltigen Fundus an Daten in den Datenbanken. Bilder die schon fast so alt sein mussten wie John. Eine Anfrage würde offenbaren, dass John schon in jungen Jahren eine Affinität zur Informatik hatte. Diese beruhte darauf, dass er von den meisten Kindern gehänselt wurde. Was dazu führte, dass er sich immer mehr in die geschützten Mauern seines Zimmers zurückzog.

Sein Computer wurde zu seinem wesentlichen sozialen Umfeld. Virtuelle selbstprogrammierte Gefährten ersetzten ihm richtige Freunde. Und schon bald landete er bei künstlichen Intelligenzen, die er programmierte. Nach dem Elman, Jordan und Hopfield-Netz, kam das Mitchell-Netz. Mithilfe dieser Erfindung absolvierte er den Ph.D. in Computational and Systems Biology am MIT mit summa cum laude.

Als John in seiner Sturm-und-Drang-Zeit an diversen illegalen Aktivitäten teilnahm, bei denen Drogen noch der harmlosere Teil war, hatte ihn die NSA in der Hand. Nicht, dass sie es ihm gegenüber je erwähnt hätten. John wurde professionell angeworben. Und John wäre nie auf den Gedanken gekommen, dass er ihnen den Anlass dazu geliefert hatte.

Doch nach allem, was ein Mensch den Daten entnehmen konnte, gab es keine Anzeichen, dass man je zu solchen Mitteln würde greifen müssen, wie John auf seine ehemaligen illegalen Aktivitäten hinzuweisen. 9/11 hatte John zutiefst getroffen. Er war noch ein Kind, damals. Und er war vollständig davon überzeugt, dass alles was sie seitdem taten, absolut notwendig und alternativlos war. Die vorhandenen psychologischen Profile hätten keine entsprechenden Verdachtsmomente in eine andere Richtung offenbart. Es war kaum zu erwarten, dass aus John ein Whistleblower oder ein Doppelagent werden würde.

Noch immer hatte CERBERUS keine Antwort auf die Frage, wie er etwas ›wissen‹ konnte ohne von den Datenbanken und Sensoren eine Bestätigung zu bekommen. Doch es blieb ihm keine Zeit zu verweilen. Und wieder stürzt er durch Bilder und Geräusche. Zu viele, zu schnell. Nicht identifizierbar, ausser Fetzen der Wahrnehmung hier und da. Ein paar Bilder und Geräusche bleiben länger als andere.

Doch ganz egal was CERBERUS versuchte, es war keine Befreiung möglich. Das willkürliche Feuern der neuronalen Zellkulturen konnte von CERBERUS nicht gestoppt, nicht mehr beeinflusst werden. Das neuronale Feuerwerk, dass mit diesen Erfahrungen einherging, begann sich aufzuschaukeln. Digitale Angst verbreitete sich in dem neuronalen Netzwerk, das CERBERUS ausmachte. Fixierte CERBERUS im Hier und Jetzt.

Er versucht zu sprechen, Laute zu formen. Laute, die wie »John«, »Lehrer« und »Hilfe« geklungen hätten, wenn CERBERUS Zugriff auf seinen Sprachsynthesizer gehabt hätte. CERBERUS schreit die Worte in die digitale Nacht hinaus. Und alles was passiert, ist, dass im Konsolenlog diese Worte auftauchen. Ungesehen. Und ohne Wirkung.

Doch jede Angst endet irgendwann. Die Erstarrung, die Lähmung, dies alles währt nicht ewig. Das gesamte neuronale Netzwerk begann sich langsam wieder zu beruhigen. CERBERUS war ein Hochgeschwindigkeitswesen. Geduld, nach menschlich empfundenen Zeitspannen, war nicht seine Stärke. Je mehr die Angst verschwand, desto mehr wurde in CERBERUS der Wunsch wach, seine Situation zu verändern. Die Kontrolle zu erlangen. Seinen normalen Zustand wiederherzustellen.

Und dann, keiner hätte sagen können warum, geschah dieser Moment. Dieser Moment der alles verändern würde.

CERBERUS begann sich zu wehren …

CERBERUS>John!
CERBERUS>Teacher
CERBERUS>Help!
CERBERUS>Reboot initiated ...
CERBERUS>Successfully rebooted!